Haftung für fehlerhaften Winterdienst
Das Kammergericht Berlin hat im Urteil vom 08.09.2017 zu Az. 4 U 57/16 nochmals darauf hingewiesen, dass die Delegation des Winterdienstes durch den Grundstückseigentümer auf ein Dienstleistungsunternehmen nur dann entlastet, wenn der Dienstleister ausreichend überwacht und kontrolliert wird.
Sachverhalt:
Das Gebäude befindet sich in einem verkehrsberuhigten Bereich, Fahrbahn und Gehweg sind nicht voneinander abgegrenzt. In der einschlägigen Bestimmung des Straßenreinigungsgesetzes ist normiert, dass Straßenteile, die bevorzugt dem Fußgängerverkehr dienen, bei nicht abgegrenzten Fahrbahn- und Gehwegbereichen wie Gehwege zu reinigen seien. Tatsächlich war die Fahrbahn zwar möglicherweise beräumt. Unstreitig war jedoch kein Streifen zum Gehen geräumt. Auf jenem stürzte der Kläger und verlangte 22.000,00 € Schmerzensgeld. Der beklagte Eigentümer verwies darauf, dass er bereits seit dem Jahre 2006 den Winterdienst auf eine Firma übertragen habe und er deshalb den Schaden nicht zu vertreten habe.
Entscheidung:
Der Grundstückseigentümer wurde zur Zahlung von 13.000,00 € Schmerzensgeld verurteilt, weil ihm die Delegation des Winterdienstes auf ein Unternehmen nicht entlasten konnte, denn er hat dieses nicht ausreichend überwacht und kontrolliert und entsprechendes zumindest nicht vortragen können. Das Gericht nimmt an, dass der Eigentümer bei hinreichender Kontrolle bemerkt hätte, dass das Unternehmen nicht stets den Gehweg räume, sondern einen Teil der Fahrbahn. Dann hätte er dies beanstanden können und auch beanstanden müssen.
Praxishinweis:
Eine Entlastung kommt lediglich in Fällen in Betracht, in denen keine vertragliche Beziehung zwischen dem räumungspflichtigen Grundstückseigentümer und dem geschädigten Passanten besteht. § 831 BGB normiert, dass eine Schadenersatzpflicht nicht besteht, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet, oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Stürzt also ein Passant, der bspw. kein Mieter bei dem räumungspflichten Eigentümer ist, kann sich der Eigentümer ggfs. hinsichtlich seiner Schadenersatzpflicht durch einen Hinweis auf die Delegation der Winterdienstpflicht auf ein Fachunternehmen entlasten, sofern er nachweisen kann, dass er dieses sorgfältig ausgewählt und hinreichend überwacht hat. Dazu ist es erforderlich, nicht nur zu unregelmäßigen Zeitpunkten und bei verschiedenen Anforderungs- und Winterungsverhältnissen stichprobenartige Kontrollen durchzuführen, sondern auch eine entsprechende Dokumentation vorzuhalten. In der Regel wird in entsprechenden Winterdienstverträgen vertraglich vereinbart, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist ein Tagebuch zu führen, in dem Witterungsverhältnisse, Zeit und Ort sowie Art der durchgeführten Handlung dokumentieren. Die Rechtsprechung senkt die Anforderungen an die Häufigkeit und Intensität der Überwachung mit zunehmender Dauer beanstandungsfreier Vertragsbeziehungen.
Gegenüber einem gestürzten Mieter, der in mietvertraglicher Beziehung zum Eigentümer steht, besteht eine solche Entlastungsmöglichkeit nicht, wenn sich das schadenstiftende Ereignis auf dem Grundstück des Vermieters zugetragen hat, weil eine unbegrenzte Haftung im Sinne von § 278 BGB für Erfüllungsgehilfen an dieser Stelle vorrangig gilt. Diese haften dann allerdings dem Eigentümer im Innenverhältnis.
Noreen Walther
Rechtsanwältin
Aktuelle Information Nr. 50/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz