Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung
Begehen Mitarbeiter Arbeitszeitbetrug, können Arbeitgeber ihnen fristlos kündigen. Eine Abmahnung ist dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer seine Tat leugnet und verschleiert hat. Das gilt auch bei einem einmaligen Vergehen – hier einem Arbeitszeitbetrug von zehn Minuten – entschied das Landesarbeitsgericht Hamm in seiner Entscheidung vom 27.01.2023, Az. 13 Sa 1007/22.
Sachverhalt
In dem Betrieb mit elektronischer Arbeitszeiterfassung müssen sich die Beschäftigten bei Arbeitsbeginn ein – und bei Pausen oder bei Beendigung ausstempeln. Die Klägerin arbeitet dort als Raumpflegerin. Sie ist mit einem Grad von 100 % schwerbehindert.
An einem Tag im Oktober verließ die Klägerin kurz nach dem Einstempeln und Arbeitsbeginn den Betrieb, um in einem dem Betrieb gegenüberliegenden Café einen Kaffee zu trinken. Dabei wurde sie von ihrem Chef beobachtet. Von diesem angesprochen, leugnete sie ihr Verhalten zuerst. Erst als der Chef ihr anbot, ihr die „Beweisfotos“ auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, räumte sie ihr Verhalten ein.
Der Arbeitgeber kündigte ihr fristlos, nachdem er die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt hatte. Die Raumpflegerin hält die Kündigung für unverhältnismäßig, da es sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt habe.
Rechtliche Würdigung
Die Kündigung war rechtmäßig, entschied das Gericht. Der Arbeitgeber kann fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§626 BGB) und ihm daher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Bei vorsätzlichem Missbrauch einer Stempeluhr sei dass der Fall – so das Gericht. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.
Des Weiteren kommt das Gericht hier auch zu der Überzeugung, dass eine Abmahnung nicht dazu geführt hätte, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert. Als besonders gravierend wertete das Gericht hier „Nachverhalten“, da sie ihren Chef auf Anfrage angelogen und den Betrug zunächst geleugnet und verschleiert hat.
René Illgen
Rechtsanwalt