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Einholung von Vergleichsangeboten durch den WEG-Verwalter

Das LG Frankfurt a. M. hat im Beschluss vom 19.04.2017 zu Az. 2-13 S 2/17 die bereits herrschende Rechtsprechung bestätigt, wonach der WEG-Verwalter in der Regel mindestens 3 Vergleichsangebote einholen und den Eigentümern zur Auswahlentscheidung vorzulegen hat.

Im Fall wurde ein angefochtener Beschluss, durch den Hausmeisterdienste auf der Grundlage von nur 2 Vergleichsangeboten vergeben werden sollten, aufgehoben. Dies stelle eine unzureichende Tatsachengrundlage dar. Der Ermessensspielraum der Eigentümer könne erst durch ausreichende Alterbnativangebote sachgerecht ausgeübt werden und auch Schwächen in der Leistungsbeschreibung erkennen.

Das Gericht schließt sich der bisherigen bereits herrschenden Rechtsauffassung an, vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2011, Az. 11 S 219/09; Bärmann/Merle, WEG Kommentar, 12. Auflage 2013, § 21 Rn.  31; AG Rosenheim Urteil vom 29.05.2008, Az. 9 C 446/08; LG München I, Schlussurteil vom 06.02.2014, Az. 36 C 9481/ 13 WEG; Elzer, Pflichten des Verwalters bei Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2012, 163, 165; LG Hamburg Urteil vom 18.01.2012, Az. 318 S 164/11. Sinn dieser geforderten Auswahlmöglichkeit ist es, überteuerte Verträge zu vermeiden und eine hinreichend sichere Beurteilungsrundlage zu schaffen.  Die Vergleichsangebote müssen in der Versammlung mindestens in Textform vorliegen.

Ausnahmen sind dann möglich, wenn objektive Sachgründe vorliegen, z. B. die besondere Spezialisierung und Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens (sehr seltener Ausnahmefall) oder aber auch die Unmöglichkeit, drei Angebote einzuholen, weil nicht genügend Interessenten hierfür zur Verfügung stehen.

Alternative Kompetenzübertragung auf den Verwalter im Verwaltervertrag?  

Im Kompetenzgefüge des Wohnungseigentumsrechts findet sich eine Dreiteilung der Aufgaben. Während die Wohnungseigentümer für die Verwaltung i. S. v. § 21 WEG zuständig sind, und zwar durch Willensbildung im Rahmen einer Beschlussfassung oder Vereinbarung, übernimmt der Verwalter Verwaltungsaufgaben gem. §§ 27, 28 WEG durch Ermöglichen der Willensbildung und Umsetzung des Eigentümerwillens. Der Beirat ist Kontroll- und Hilfsorgan des Verwalters und führt die Aufsicht gem. § 29 WEG. Sollen Kompetenzen der Willensbildung und Entscheidung von den Eigentümern auf den Verwalter übertragen werden, bedarf es hierfür einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage. Teilweise findet sich diese bereits in § 27 WEG; im Übrigen kann sie in einer Gemeinschaftsordnung vereinbart oder in engen Grenzen durch Verwaltervertrag oder gesonderte Beschlussfassung begründet werden.

Sofern dem Verwalter Entscheidungskompetenzen im Verwaltervertrag übertragen werden sollen, ist ein Blick in die Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex im Rahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sehr hilfreich, da sich die Rechtsprechung damit derzeit intensiv befasst. Während recht unstreitig ist, dass einfache und nur sehr geringe Kosten auslösende Instandhaltungsmaßnahmen, wie ein Glühbirnentausch, unproblematisch der Entscheidungskompetenz des Verwalters unterliegen kann, ist ebenso einhellige Auffassung, dass sehr teure oder außergewöhnliche bauliche Maßnahmen, wie eine Instandsetzung der Balkonanlage, einer vorherigen Willensbildung durch die Eigentümer im Einzelfall bedürfen. Umstritten ist der Graubereich zwischen beiden Extremen. Der BGH hat im Urteil vom 18.02.2011 zu Az. V ZR 197/10 entschieden, dass jedenfalls die Übertragung von Kompetenzen an den Verwalter, Aufträge in unbegrenzter Höhe zu vergeben, sofern weder Umfang noch Kostenobergrenze vorgegeben sind, nicht möglich ist. In der höheren Rechtsprechung wird seit langem gefordert, dass nicht nur eine Risikobegrenzung für den Einzelfall, sondern auch die Begrenzung der Gesamtausgabenrisiken auf eine Gesamtsumme pro Jahr erforderlich sei.

Des Weiteren müssen die Einzel- und Gesamtbeträge in der Vermögenslage der Gemeinschaft angemessen sein, so dass sich eine Pauschalierung für sämtliche Gemeinschaften verbietet. Zudem sind die Mittel im Plan einzustellen, bzw. sie müssen bereits vorhanden sein, bevor der Verwalter über sie verfügen kann.

Während die Regelung in § 27 Abs. 1 Nr. 2, wonach der Verwalter für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen hat, nach herrschender Auffassung lediglich die Bestandsaufnahme, die Unterrichtung der Eigentümer, die Herbeiführung einer Entscheidung der Eigentümer sowie die Ausführung der Eigentümerentscheidung umfasst, somit also weiterhin primär die Willensbildung den Eigentümern zuordnet, gestattet § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG ein Handeln des Verwalter bei Gefahr in Verzug, vgl. LG München ZWE 2011, 42.

§ 27 Abs. 3 Nr. 3 WEG ermächtigt den Verwalter, die laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu treffen. Umstritten ist jedoch, was unter dem Begriff „laufende“ Maßnahmen zu verstehen ist. Hierunter können einerseits noch nicht abgeschlossene, andererseits aber auch nicht außergewöhnliche, regelmäßig erforderliche, alltägliche und wiederkehrende Maßnahmen subsumiert werden. Aus dieser Unsicherheit resultiert ebenfalls die überwiegende Ansicht, diese Norm biete keine hinreichende Grundlage für weitgehendere Kompetenzen des Verwalters.

Nach alledem sollten die WEG-Verwalter ihre Verträge kritisch prüfen und vorsorglich Ermächtigungen im Einzelfall beschließen lassen – ausgenommen (echte) Gefahr in Verzug.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Aktuelle Informationen Nr. 21/2017

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz