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Duldung von Mobilfunksendeanlagen

Am 19.03.2013 hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden, dass ein Grundstückseigentümer regelmäßig keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld gegen den Betreiber einer Mobilfunkanlage wegen elektromagnetischer Strahlung hat, sofern die Anlage die anerkannten Grenzwerte einhält (Az.: 9 U 1265/12, Urteil vom 19.03.2013).

Sachverhalt und gerichtliche Entscheidung:

Die Klägerin verlangte auf dem Klagewege Schadensersatz und Schmerzensgeld, die Feststellung zukünftigen Schadensersatzes sowie die Unterlassung elektromagnetischer Strahlung. Die auf dem Nachbargrundstück stehende Mobilfunksendeanlage eines Telekommunikationsunternehmens war gemäß den Anforderungen der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) errichtet worden. Mindestens 3 weitere Funkanlagen befinden sich in unmittelbarer Nähe der Wohnung der Klägerin.

Das Gericht bestätigte in seiner Entscheidung in zweiter Instanz, dass die Mobilfunksendestation von der Klägerin zu dulden ist, da die durch die Anlage emittierte Strahlung die gesetzlichen Anforderungen entspricht und die Bundesnetzagentur dies mit einer Standortbescheinigung auch belegte. Die Grenzwerte der 26. BImSchV wurden laut Sachlage eingehalten. Insbesondere legte die Klägerin eine Überschreitung nicht ausreichend dar. Der Einwand, dass die in der Verordnung festgelegten Grenzwerte unzulänglich und nicht ausreichend zur Vermeidung einer Gesundheitsbeeinträchtigung belegt wären, wurde seitens des Gerichts mangels evidenter wissenschaftlicher Forschungsergebnisse zu niedrigeren Grenzwerten zurückgewiesen.

Folgen für die Praxis:

Dies bedeutet für Vermieter und Mieter weiterhin, dass ordnungsgemäße und nach den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzrechtes errichtete Mobilfunksendeanlagen in der unmittelbaren Nachbarschaft zu dulden sind, sofern nicht ausreichend und nachweisbar belegt ist, dass diese bei Betrieb die derzeit aktuellen Grenzwerte der 26. BImSchV überschreiten. Damit wird die bisherige Rechtsprechung zum Thema (BGH, Urt. v. 15.03.2006, Az.: VIII ZR 74/05) wieder einmal bestätigt. Dem Nachbarn einer solchen zumeist großflächig und sehr wuchtigen Anlage bleibt daher zum jetzigen Zeitpunkt fast keine Handhabe gegen deren Errichtung und Existenz. Folgeansprüche aus der Belastung mit Strahlung (innerhalb der Grenzwerte) sind daher ebenfalls derzeit nicht erfolgreich durchsetzbar, sofern nicht ein oftmals kostenintensives Gutachten die Überschreitung der Grenzwerte bestätigt. Selbst Schäden durch etwaig wirksame Kündigungen von Mietern wegen Strahlenbelastung können aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erfolgreich gegen den Betreiber einer solchen Anlage bzw. den Nachbareigentümer geltend gemacht werden. Allerdings wird auf europäischer Ebene die Änderung bzw. Herabsetzung der teilweise bereits betagten Grenzwerte ins Auge gefasst. Daher bleibt mit Blick auf den europäischen und deutschen Gesetzgebungsprozess abzuwarten, inwieweit sich die Grenzwerte ändern sollten. Möglicherweise bestehen zukünftig Ansprüche gegen die Betreiber solcher Anlagen, die dann Strahlung weit über das dann erlaubte Maß hinaus emittieren.

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt