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Die Voraussetzung der angemessenen Fristsetzung zur Geltendmachung von Selbstvornahmekosten näher dargestellt

Der Auftragsnehmer und Auftragsgeber streiten um restlichen Werklohnanspruch und um Selbstvornahmekosten nach Kündigung. In der Entscheidung wurde anschaulich dargestellt, wie eine Fristsetzung für die Geltendmachung von Selbstvornahmekosten ausgestaltet werden sollte und unter welchen Voraussetzungen diese ggf. entbehrlich ist.

 

Sachverhalt

Der Auftragnehmer begehrt restlichen Werklohnanspruch nach Kündigung des Vertrages über den Einbau einer Heizungsanlage, hingegen macht der Auftragnehmer im Rahmen der Widerklage Zahlungsansprüche wegen Mängel geltend.

Der Auftraggeber verweigerte mit Schreiben vom 15.03.2018 die Bezahlung weiterer Abschlagsrechnungen und begründete dies, mit der bis dahin angeblich mangelhaft erbrachten Leistung (kein Absperrventil am Heizkörper im Badezimmer, Fußboden beschädigt) und forderte zugleich die Fertigstellung.  Daraufhin verweigerte der Auftragnehmer weitere „zusätzlich beauftragte Arbeiten“ und forderte zunächst die Zahlung der Abschlagrechnungen. Auf Grund dieses Verhaltens kündigte der Auftraggeber den Vertrag und beauftragte ein Drittunternehmen. Der Auftraggeber beruft sich darauf, dass er dem Auftragnehmer mit Schreiben vom 15.03.2018 wirksam eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt habe, welche fruchtlos verstrich.

 

Rechtliche Würdigung

In der Entscheidung wurden anschaulich die Voraussetzungen des Anspruchs auf Selbstvornahmekosten für die Mängelbeseitigung dargestellt. So wurde geurteilt, dass der Auftraggeber grundsätzlich auch im Falle einer Kündigung dem Auftragnehmer zunächst die Möglichkeit einräumen muss, auch schwerwiegende Mängel, die womöglich sogar zur Unbrauchbarkeit der Leistung führen, nachzubessern. Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist nur entbehrlich, wenn der Auftragnehmer diese ernsthaft und endgültig verweigert. Zudem ist eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht darin zu sehen, dass der Auftragnehmer zur Fertigstellung bzw. Erfüllung seiner Leistung aufgefordert wird. Ferner wäre eine Fristsetzung nur dann entbehrlich, wenn der Mangel auch den Kündigungsgrund selbst darstellen würde.

(Urteil des OLG Oldenburg vom 13.10.2020 – Az.: 2 U 87/20)

 

 

Michelle Freitag

Rechtsanwältin

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