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Die Nachhaftung des ehemaligen Gesellschafters für WEG-Altverbindlichkeiten

Die streitige Frage, ob Zahlungsansprüche einer WEG, die nach dem Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters entstanden sind, Altverbindlichkeiten seien können, die dessen Nachhaftung auslösen, hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 03.07.2020, Aktenz. V ZR 250/19 beantwortet.

 

Sachverhalt

Der Entscheidung des BGH lag die Klage einer WEG gegen den ehemaligen Gesellschafter einer GbR auf Zahlung von rückständigem Hausgeld für das Jahr 2014 und von nicht beglichenen Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen 2013 und 2014 zugrunde. Der Gesellschafter war bereits 2002 aus der GbR ausgeschieden, welche seit 1994 Eigentümerin einer Sondereinheit in der streitgegenständlichen Wohnungseigentumsanlage ist. Im Jahr 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer den Wirtschaftsplan 2014 nebst das im Jahr 2014 von der GbR monatlich zu zahlende Hausgeld. In den darauffolgenden Jahren beschlossen die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen für 2013 und 2014, die jeweils Abrechnungsspitzen zum Nachteil der GbR ergaben. Im März 2017 wurde ins Grundbuch eingetragen, dass der Gesellschaftsanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters den Mitgesellschaftern der GbR angewachsen ist. Erst dadurch erfuhr die WEG vom Ausscheiden des Gesellschafters. Das Amts- und Landgericht gaben der Zahlungsklage jeweils statt.

 

Die Entscheidung des BGH

Der BGH wies die erhobene Revision zurück. Sowohl zum Zeitpunkt der Beschlüsse über den Wirtschaftsplan 2014 und die Jahresabrechnungen 2013 und 2014 als auch zum Zeitpunkt des Fälligwerdens der Verbindlichkeiten war die GbR Eigentümerin der Sondereinheit, sodass sie nach § 16 WEG zur Zahlung verpflichtet ist. Nach Ansicht des BGH ist eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für die eingeklagten Forderungen nach § 128 HGB analog, § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 Abs. 1 HGB gegeben. Dass der verklagte Gesellschafter bereits 2002 aus der GbR ausgeschieden ist, führe nach dem BGH zu keiner anderen Beurteilung. So komme es bei der vorliegenden Beurteilung nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens oder des Fälligwerdens der WEG-Verbindlichkeiten an, da der Rechtsgrund der Beitragspflicht bereits mit Erwerb des Wohnungseigentums, vorliegend also im Jahr 1994 und somit vor dem Ausscheiden des Gesellschafters entstanden ist. Die Tatsache, dass die konkreten Verbindlichkeiten für ihr Entstehen und Fälligwerden einen Beschluss über den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung voraussetzen, ändere an der Nachhaftung nichts.

 

Aufgrund der fehlenden Kenntnis der WEG vom Ausscheiden des Gesellschafters kommt nach dem BGH auch keine fünfjährige Haftungsbegrenzung nach dem Ausscheiden des Gesellschafters gemäß § 160 Abs. 1 S. 2 HGB in Betracht. So müsse in Ermangelung eines öffentlichen Registers bei einer GbR für den Beginn der 5-Jahres-Frist auf den Kenntnisnahmezeitpunkt der Gläubigerin zurückgegriffen werden. Vorliegend erlangte die WEG vom Ausscheiden erst 2017 Kenntnis.

 

 

Eva-Maria Meichsner

Rechtsanwältin

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