Die Gewährleistungsfrist des Architekten beginnt erst mit Abnahme
Der BGH hatte sich im Urteil vom 24.02.2011 – VII ZR 61/10 – mit der Frage der Verjährung von Schadenersatzansprüchen gegen einen Architekten zu beschäftigen. Nach seiner Entscheidung beginnt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche und Mangelfolgeansprüche aus Architektenverträgen von vor 2001 erst mit Abnahme des Architektenwerks.
Sachverhalt:
Ein Architekt wurde mit der Vollarchitektur für den Anbau eines mehrstöckigen Wintergartens an einem Wohngebäude beauftragt. Die Leistungen erbrachte der Architekt im Zeitraum von 1992 bis Ende 1995. Später wurden konstruktive Mängel und eine unzureichende Wärmedämmung des Wintergartens im zweiten Obergeschoss und im Dachgeschoss festgestellt. Mit einer Klage von 2002 und Klageerweiterung von 2006 und 2008 hat die Gebäudeeigentümerin die Mängelbeseitigungskosten und entgangene Miete für nicht nutzbaren Wohnraum geltend gemacht.
Der Architekt hat sich auf Verjährung berufen.
Die Entscheidung:
Der BGH hat entgegen der Vorinstanz entschieden, dass der Schadensersatzanspruch gegen den Architekten gemäß § 635 BGB a.F. verjährt nach § 634a BGB n.F., sofern diese Vorschrift gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB anwendbar ist. Die Verjährung beginnt erst, wenn die Abnahme erfolgt ist oder Umstände gegeben sind, nach denen eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt.
In einer Entscheidung vom 08.07.2010 – VII ZR 171/08 – hatte der BGH bereits entschieden, dass die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche nach § 635 BGB a.F. ebenfalls erst nach Abnahme zu laufen beginnt.
Praxistipp:
Entscheidend dafür ist, ob auch bei länger zurückliegenden Bauvorhaben der beauftragte Architekt noch haftet, ob das Architektenwerk abgenommen wurde oder aus anderen Gründen, wie z. B. einer Vertragskündigung einer Ablehnung des Gewährleistungserbringungen ein Abwicklungsverhältnis eingetreten ist.
Zur Beurteilung des Verjährungseintritts ist also immer zunächst zu prüfen, ob eine Abnahme stattgefunden hat. In vielen Fällen liegt eine förmliche Abnahme des Architektenwerks durch Erklärung nicht vor. Hier ist zu prüfen, ob das Architektenwerk abnahmereif war, also alle geschuldeten Leistungen vollständig erbracht wurden. Der Leistungsumfang ergibt sich mangels anderweitiger Abreden in der Regel aus § 15 HOAI a.F..
In der Regel liegt Abnahmereife erst mit Übergabe der zusammengestellten Planungs- und Ausführungsunterlagen vor.
Werden spät Mängel am Bauwerk entdeckt, sollten Verjährungsfristen genau hinterfragt werden.
Martin Alter
Rechtsanwalt