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BGH: Grundkosten der Wasserversorgung können nach Verbrauch umgelegt werden

In einem Urteil vom 06.10.2010 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 183/09 hat der für Wohnraummietrecht zuständige Senat des BGH die prinzipielle Zulässigkeit der Umlage von verbrauchsunabhängigen Bestandteilen der Wasserkosten nach einem einheitlichen Verbrauchsmaßstab bestätigt. Damit ist zumindest teilweise eine in den Unterinstanzen heftig diskutierte Rechtsfrage zur Betriebskostenumlage geklärt.

Sachverhalt:

Ein Mieterverein hatte im Wege der Unterlassungsklage beantragt, einem Vermieter die Verwendung folgender Klausel (kursiv gedruckter Teil) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu untersagen:

Frisch-/Kaltwasser wird, soweit der Verbrauch über Messeinrichtungen erfasst wird, nach dem Ergebnis der Messungen abgerechnet. Entsprechendes gilt für die Grundgebühr (sie wird im Verhältnis der je Wohnung erfassten Verbrauchsmenge umgelegt). …

Vom OLG Dresden war der Vermieter zur Unterlassung verurteilt worden mit der Begründung, dass die Klausel vom gesetzlichen Leitbild des § 556a I S. 2 BGB abweiche, welches nur die Umlage verbrauchabhängig entstehender Kosten nach dem erfassten Verbrauch vorsehe.

Entscheidung:

Auch der BGH hat im Ergebnis den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung der Mietvertragsklausel bestätigt.

In der Begründung seiner Entscheidung stellt er jedoch klar, dass es  § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB zulässt, dass die Kosten der Wasserversorgung im – vom Gesetz vorausgesetzten – Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden, also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfallen. Dieser Grundsatz findet seine Grenze dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führt, die auf die leerstehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden können, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfällt.

Da die Leerstandsproblematik nach der angegriffenen Klausel keine Berücksichtigung findet, ist die Klausel in der verbraucherfeindlichsten Auslegung als unwirksam angesehen worden.

Der BGH hat sich leider nicht zu einer exakten Definition einer unzumutbaren Mehrbelastung von Mietern durch die Fixkosten des Leerstands hinreißen lassen. Er hat zu dem wichtigen Abgrenzungsthema lediglich ausgeführt, dass die Kosten geringfügiger Leerstände von den verbleibenden Mietern mitzutragen sind. Erst wenn Dauer und Umfang des Leerstands unter Berücksichtigung der Höhe der verbrauchsunabhängigen Kostenbestandteile eine für die Mieter nicht mehr hinnehmbare Mehrbelastung ergeben, sei der Vermieter verpflichtet, diesem Umstand durch eine Änderung des Umlegungsmaßstabs hinsichtlich der verbrauchsunabhängigen Kostenbestandteile der Wasserversorgung Rechnung zu tragen oder den Mietern in anderer Weise einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen. Es sei Aufgabe des Tatrichters, die Grenze zwischen einer noch zumutbaren und einer nicht mehr hinnehmbaren Mehrbelastung nach Treu und Glauben unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu ziehen.

Praxistipp:

Der BGH hat die von unserer Kanzlei vertretene Rechtsansicht bestätigt, dass grundsätzlich eine einheitliche Umlage der Trinkwasserkosten und der Kosten der Entwässerung nach einem einheitlichen Verbrauchsmaßstab erfolgen kann.

Die Einschränkung bei hohen leerstandsbedingten Mehrkosten für die verbliebenen Mieter ist sicher geboten. Die Frage ist jedoch, wie mit dieser Einschränkung in der Praxis umzugehen ist. Zum einen ist fraglich, wo die Grenze der Zumutbarkeit für leerstandsbedingte Mehrkosten liegt. An einem festen Prozentsatz für eine Leerstandsquote kann die Grenze jedenfalls nicht festgemacht werden, denn in kleinen Wohngebäuden ist schnell eine hohe Leerstandsquote erreicht. Hier ist für die Zukunft eine Differenzierung in der Rechtsprechung abzuwarten.

Im Ergebnis wird es auf die tatsächliche Mehrbelastung des jeweiligen Mieters ankommen, die natürlich entscheidend auch davon abhängt, ob dieser ein Viel- oder Wenigverbraucher ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Leerstandskosten jeweils auch von den Gebührensatzungen der Ver- bzw. Entsorger abhängt, die in einigen Fällen bereits eine Freistellung des Leerstandes von Grundkosten vorsehen.

Der Vermieter ist nicht gezwungen,  zur Vermeidung der leerstandsbedingten Mehrbelastung verbliebener Mieter die verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Wasserkosten nach unterschiedlichen Umlageschlüsseln abzurechnen, wie dies in der Vergangenheit häufig gefordert wurde. Der Mehrbelastung kann auch durch einen Abzug der Leerstandskosten von den Gesamtkosten entgegengewirkt werden. Dies kann auch nachträglich bei Einsprüchen durch erheblich belastete Mieter für diese erfolgen. Keine Rolle spielt nach den Ausführungen des BGH die ungleiche Belastung der Viel- und Wenigverbraucher in einer Liegenschaft mit den fixen Kosten der Trinkwasserversorgung und der Grundstücksentwässerung.

Für die Gestaltung des Mietvertrages ergeben sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, deren Vor- und Nachteile abzuwägen sind. So könnte zukünftig lediglich ein Verweis auf die gesetzliche Regelung des § 556a I BGB erfolgen oder eben von vornherein verschiedene Umlageschlüssel für die Fixkosten und die Verbrauchskosten explizit vereinbart werden. Alternativ könnte vereinbart werden das unterschiedliche Umlageschlüssel nur bei Leerstand angewendet werden oder bei Leerstand ein Vorwegabzug der Leerstandskosten erfolgt. Letztere Variante finden Sie bereits in unserem aktuellen Mietvertragsmuster.

Martin Alter
Rechtsanwalt