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BGH gegen Berücksichtigung von Nachträgen bei Berechnung von Architektenhonorar

Der für das Architektenrecht zuständige VII. Senat hat mit Urteil vom 05.08.2010, Aktenzeichen VII ZR 14/09, entschieden, dass das Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15 Abs. 2 HOAI a.F. sich ausschließlich nach den durch den Kostenanschlag nachgewiesenen anrechenbaren Kosten bestimmt. Nachträge, die nach der Vergabe an ein Bauunternehmen entstehen, dürfen in die Berechnung der anrechenbaren Kosten für diese Leistungsphasen nicht einbezogen werden.

Sachverhalt:

Der Bauherr beauftragte die Architektin mit der Erbringung von „Generalplanerleistungen“. Die Architektin verlangt mit ihrer Schlussrechnung noch restliches Architektenhonorar. Die offenen Honorarpositionen resultieren aus einer Kostenerhöhung durch Unternehmernachträge während der Bauphase. Die Nachträge der bauausführenden Firmen beruhten nicht auf Planungsfehlern der Architektin.

Entscheidung:

Der BGH hat bekräftigt, dass der Kostenanschlag, der im Rahmen der Vergabe aus den dort absehbaren Kosten nach Zusammenstellung der Ausschreibungsangebote erstellt wird, nicht wegen späterer Nachträge fortgeschrieben wird und demzufolge der einmal erstellte Kostenanschlag für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten in den Leistungsphasen 5 bis 7 verbindlich bleibt auch wenn sich die tatsächlichen Baukosten durch Nachträge der Baufirmen erhöhen.

Die bisher herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur hatte das anders gesehen, so dass bei Honorarrechnungen bislang der Kostenanschlag fortgeschrieben wurde und demnach höhere Kosten für Ausführungsplanung und Vergabe berechnet wurden.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass nach dem Honorierungssystem der HOAI demnach das Honorar von den anrechenbaren Kosten abhängt, die nach dem jeweiligen Planungsstand den Kostenermittlungen zugrunde zu legen sind. Änderungen dieses Planungsstandes können deshalb grundsätzlich nicht mehr zu einer Änderung der honorarrechtlich maßgeblichen Kostenermittlung führen. Sie werden honorarrechtlich dadurch berücksichtigt, dass in der HOAI ein differenziertes System von vier Kostenermittlungen entwickelt ist, das die Grundlage für die Honorierung der verschiedenen Leistungen eines Architekten ist. Kostenveränderungen, die dadurch entstehen, dass nach einer Kostenermittlung die Planung verfeinert wird, finden bei der Honorierung grundsätzlich erst in der nächsten Kostenermittlung Berücksichtigung. Die HOAI nimmt es mit diesem Honorierungssystem in Kauf, dass sich ein möglicherweise erhöhter Leistungsaufwand nicht unbedingt in einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten und damit einer Erhöhung des Honorars widerspiegelt.

Praxistipp:

Die Entscheidung bezieht sich auf die Systematik der HOAI in der Fassung vor der Reform  2009. Für zukünftige Planungsverträge ist sie daher nicht anwendbar. Jedoch bleibt zu prüfen, ob Abrechnungen in der Vergangenheit überhöht waren und hier eventuell Rückforderungsansprüche bestehen.

Nach § 6 I Nr. 1 HOAI 2009 sind jetzt die anrechenbaren Kosten für alle Leistungsphasen auf der Grundlage der Kostenberechnung zu ermitteln. Die Kostenberechnung wird bereits im Rahmen der Leistungsphase 3 erstellt, was zu frühzeitiger Klarheit über die anrechenbaren Kosten und damit die Höhe des Planerhonorars führt. Mit den Erwägungen der neuen BGH-Rechtsprechung zu den anrechenbaren Kosten lässt sich Versuchen der nachträglichen Anpassung des Planerhonorars auch in zukünftigen Bauvorhaben begegnen.

Martin Alter
Rechtsanwalt