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BGH: Absonderungsrechte der WEG aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der Insolvenz des Wohnungseigentümers

In seiner Entscheidung vom 21.07.2011 (Az.: IX ZR 120/10) befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob die Regelung zur bevorrechtigten Befriedigung der Hausgeldansprüche der WEG auch im Insolvenzverfahren Anwendung findet.

Sachverhalt

In dem zu entscheidenden Fall hatte die klagende WEG den im Dezember 2007 bestellten Insolvenzverwalter eines Eigentümers auf Zahlung, hilfsweise auf Duldung der Zwangsversteigerung der Wohneinheit, wegen Hausgeldrückständen in Anspruch genommen. Die Hausgeldrückstände resultierten aus den Wirtschaftsplänen für die Jahre 2006 und 2007. Im November 2007 und im Juni 2008 hatte die WEG noch die Beschlüsse über die Jahresabrechnungen 2006 und 2007 gefasst.

Entscheidung

Der BGH entschied, dass für die WEG, soweit es sich bei den geltend gemachten Forderungen um Insolvenzforderungen nach § 38 InsO handelt, ein Absonderungsrecht gem. § 49 InsO i.V.m.             § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG im Umfang der bevorrechtigten Forderungen bestehe. Die Vorschrift des     § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG beschränke sich nicht nur auf die Zwangsversteigerung, sondern gewähre der WEG in der Insolvenz des Wohnungseigentümers ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 49 InsO. Die Hausgeldansprüche der WEG ruhen, ähnlich einer privaten Last, auf dem Grundstück. Damit könne die WEG – in den Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – eine bevorrechtigte Befriedigung aus dem Verwertungserlös hinsichtlich der Eigentumswohnung vor anderen Insolvenzgläubigern verlangen.

Soweit die Bevorrechtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG darauf abstelle, wann das Objekt im Rahmen der Zwangsversteigerung beschlagnahmt worden ist, müsse für die abgesonderte Befriedigung im Rahmen des Insolvenzverfahrens darauf abgestellt werden, wann das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Die WEG könne damit im Insolvenzverfahren abgesonderte Befriedigung für die Hausgeldansprüche aus dem Jahr der Verfahrenseröffnung und 2 Jahre zuvor beanspruchen, solange die Hausgeldansprüche einen Betrag in Höhe von 5 % des Verkehrswertes des Objektes nicht übersteigen. Ist bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Versteigerungsverfahren eingeleitet worden, verbleibe es bei dem Tag der Beschlagnahme als maßgeblichem Stichtag.

Bestreitet der Insolvenzverwalter das Absonderungsrecht, könne die WEG den Insolvenzverwalter mit der Pfandklage auf Duldung der Zwangsversteigerung in Anspruch nehmen.

Praxistipp

Die Entscheidung klärt für die Praxis wichtige (Streit-)Fragen rund um die Bevorrechtigung der WEG gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Im Nachgang zu der durchaus als positiv zu bewertenden Entscheidung ist jedoch davon auszugehen, dass  die Insolvenzverwalter verstärkt darauf zurückgreifen werden, sämtliche als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldeten Hausgeldansprüche nur noch für den Ausfall festzustellen. Insbesondere in den Fällen, in denen keine Verwertung der Wohnung sondern deren Freigabe erfolgt, sollte auf die endgültige Feststellung der Forderung hingewirkt werden. Bleibt die Forderung für den Ausfall festgestellt, wird diese bei der Schlussverteilung, eventuell vorhandene Insolvenzmasse, nicht berücksichtigt.

Jacqueline Köppen
Rechtsanwältin