>

Beschluss des AG Hanau zur Widerrufsfreiheit gerichtlich protokollierter Räumungsvergleiche

Das Amtsgericht Hanau vertritt die -derzeit nicht unumstrittene- Rechtsauffassung, dass gerichtlich protokollierte Räumungsvergleiche durch den Mieter als Verbraucher trotz fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht nicht widerrufen werden können, AG Hanau Beschluss vom 10.08.2015, Az. 34 C 223/15.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit wurde durch den Richter in Anwesenheit einer Mitarbeiterin des Vermieters sowie des Mieters und dessen Rechtsanwalt ein Vergleich protokolliert und von den Parteien genehmigt. Der Richter erteilte weder eine Widerrufsbelehrung noch belehrte er über das Entfallen der Informationspflichten aufgrund richterlicher Beurkundung. Noch vor dem Räumungstermin widerrief der Mieter den Vergleich gem. § 355 BGB und verlangte die Fortsetzung des Rechtsstreits.

Nach Ansicht des AG Hanau unterfallen sowohl der Wohnraummietvertrag als auch der Prozessvergleich dem Anwendungsbereich des Widerrufsrechts, da der Vertragsschluss nicht in Geschäftsräumen erfolgt sei. Zudem seien beide Parteien des Rechtsstreits persönlich anwesend gewesen im Sinne von § 312 b Abs. 1 BGB. Des Weiteren handele es sich auch um einen entgeltlichen Vertrag, wenngleich sich der Mieter nicht zu einer Zahlung verpflichtete; jedoch stelle der Mietaufhebungsvertrag ein Spiegelbild des entgeltlichen Mietvertrages dar und sei daher ebenso wie dieser zu behandeln. Die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Mieters ändere nichts an dessen Verbrauchereigenschaft, so dass auch aus diesem Grunde grundsätzlich ein Widerrufsrecht bestehe.

Dieses sei im vorliegendem Fall jedoch gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 13 BGB ausgeschlossen, weil demnach einem Verbraucher bei notarieller Beurkundung eines Vertrages kein Widerrufsrecht zustehe. Gem. § 127 a BGB stehe die richterliche Protokollierung der Beurkundung gleich. Dies ist allerdings in der Literatur derzeit umstritten.

Es handelt es sich um eine der ersten veröffentlichten Entscheidungen zur Problematik. Die weitere Rechtsentwicklung ist abzuwarten.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 7/2016

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz