BAG -Urteil: Teilnahme am Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit?
Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob ein „krankgeschriebener“ Arbeitnehmer verpflichtet ist, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.
Der Sachverhalt:
Von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war der Arbeitnehmer wiederholt arbeitsunfähig krank. Der beklagte Arbeitgeber lud ihn mit einem Schreiben „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch am 06. Januar 2014 ein. Der Arbeitnehmer sagte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab.
Der Arbeitgeber übersandte ihm eine neuerliche Einladung für den 11. Februar 2014, die mit dem Hinweis verbunden war, der Arbeitnehmer habe gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attestes nachzuweisen. Auch an diesem Termin nahm der Arbeitnehmer unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht teil. Daraufhin mahnte ihn der Arbeitgeber ab. Der Arbeitnehmer klagte auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Die Entscheidung:
Wie bereits in den Vorinstanzen bekam der Arbeitnehmer auch vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil, Az. 10 AZR 596/15) recht. Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängenden Nebenpflichten zu erfüllen.
Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähig zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt.
Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage. Nachdem für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte solche Gründe nicht aufgezeigt hat, musste der Kläger der Anordnung des Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht nachkommen.
Die Abmahnung war daher zu Unrecht erfolgt, weshalb der Kläger ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen konnte.
René Illgen
Rechtsanwalt
Aktuelle Informationen Nr. 49/2016
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz