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Ausschluss aus Genossenschaft unwirksam

Das Amtsgericht Bad Salzungen hat in einem Urteil vom 22.05.2025 (Az. 1 C 251/24) entschieden, dass Satzungsregelungen von Genossenschaften, die einen Ausschluss des Mitglieds regeln, ausreichend und transparent genug sein müssen, um dem Mitglied ein einfaches Verständnis zu ermöglichen, warum es ausgeschlossen werden kann. Ein Ausschluss auf einer nicht hinreichend bestimmten Grundlage ist demnach unwirksam.

 

Sachverhalt

Die beklagte eingetragene Genossenschaft hatte die Klägerin per Beschluss aus der Genossenschaft ausgeschlossen. In der genossenschaftlichen Satzung hieß es unter anderem: „Ein Mitglied kann aus der Genossenschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres ausgeschlossen werden, wenn sich sein Verhalten mit den Belangen der Genossenschaft nicht vereinbaren lässt, insbesondere wenn der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft nicht oder nicht mehr genutzt wird.“ Die Klägerin wurde zu ihrem Ausschluss als Genossenschaftsmitglieder bei der Beklagten geführt. Mit Blick auf diskussionswürdige eigene, digitale Veröffentlichungen der Klägerin, eine juristische Person, wurde diese auf seitens des Vorstandes der Beklagten darauf hingewiesen und die schriftliche Anhörung der Klägerin zu den Vorwürfen realisiert. Die Veröffentlichungen der Klägerin erfolgten auf den Webseiten „geno-nachrichten.de“ „igenos-sued.de„, „GenoLeaks.de“ und „wegfrei.de“ und hatten auch zum Inhalt, dass der Aufsichtsratsrat der Beklagten blockiert sei und eine Neukonstituierung verhindert werde. Hierbei wurden auch die genossenschaftliche Idee der Beklagten zur „Werbeaussage herabgestuft“ und die Beklagte wurde mit einer „sozialistischen Umlagerung“ sowie mit „Gesetzesverstößen, Straftatbeständen und anderen juristischen Zusammenhängen“ in Verbindung gebracht. Zudem hatte die Klägerin gegen die Beklagte Strafantrag gestellt.
Mit Beschluss vom 13.06.2024 schloss der Vorstand die Klägerin letztlich aus, wobei auf die im Anhörungsbogen erwähnte Begründung verwiesen wurde. Die eingelegte Beschwerde der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Kläger rügten die Beschlusskompetenz des Vorstandes der Beklagten und waren der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Belange der Genossenschaft nicht erkennbar sei. Zudem wäre eine Kündigung nur mit vorheriger Abmahnung wirksam.

 

Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht Bad Salzungen stufte den Ausschlussbeschluss vom 13.06.2024 als nichtig ein, da es schon an einer hinreichend bestimmten Grundlage für den Ausschluss der Genossenschaftsmitglieder fehlt. Gemäß § 68 Abs. GenG sind die Gründe, aus denen ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, in der Satzung festzulegen. Dabei sind die Ausschlussgründe tatbestandlich so konkret und eindeutig zu fassen, dass deren Inhalt für das jeweilige Genossenschaftsmitglied klar verständlich ist. Das Mitglied muss erkennen können, nach welchen Umständen es mit der Ausschließung zu rechnen hat, um sein Verhalten entsprechend vorher einzurichten. Der Ausschlussgrund in der Satzung muss daher mit der erforderlichen Bestimmtheit und klaren Transparenz gefasst sein, so dass jedes Mitglied ihn als Solches verstehen und ihn vermeiden kann. Dieser Vorgabe der Klarheit genügte dem Amtsgericht nach die Ausschlussklausel in der Satzung nicht. Vorliegend ist die Satzungsregelung der Beklagten für den Ausschluss so weit gefasst, dass deren Reichweite nicht mehr hinreichend eingrenzbar ist. § 68 GenG legt zwingend fest, dass der Ausschluss der Mitglieder in der Satzung bestimmt sein muss und somit auf allgemeine Beendigungsgründe des BGB (bspw. §§ 626, 314 BGB) nicht zurückgegriffen werden kann. Würde man der Genossenschaft gestatten, dass allgemein gehaltene Ausschlusstatbestände zur Kündigung genutzt werden können, würde der erschöpfende Zweck des § 68 GenG im Ergebnis durch Pauschalisierungen unterlaufen. Mangels wirksamer Satzungsregelung für den Ausschluss ist der Beschluss daher nichtig. Zudem fehlte es dem angegriffenen Beschluss auch an ausreichender Bestimmtheit, da die Umstände hätten bezeichnet und in gerichtlich nachprüfbarer Weise festgestellt werden müssen, um darzustellen, welche Satzungsregelung verletzt worden ist und woraus sich die Unzumutbarkeit der Fortführung des Mitgliedschaftsverhältnisses im Einzelfall ergeben soll. Die Vorwürfe, die dem Mitglied gemacht werden und die zum Ausschluss führen, müssen im Ausschlussverfahren so konkret und eindeutig bezeichnet werden, dass sich der Ausgeschlossene angemessen verteidigen kann. Ein allgemeiner Hinweis auf die Satzungsregelungen bzw. ein pauschaler Verweis auf Veröffentlichungen, wie im vorliegenden Fall, dürfte vor diesem Hintergrund nicht ausreichend sein. Explizit wurde auch nicht genannt, inwieweit die Veröffentlichungen der Klägerin den Interessen der Genossenschaft entgegenstehen. Ein konkreter Vorwurf, welches Verhalten der Klägerin mit den Belangen der Genossenschaft nicht zu vereinbaren gewesen waren, konnte das Gericht der Begründung nicht zu entnehmen.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt

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