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Ausblick auf geplante Reformen

  1. Gesetzesinitiative des Bundesrates zur Entlastung der Justiz

Der Freistaat Sachsen hat am 05.03.2010 mit weiteren Bundesländern Gesetzentwürfe in den Bundesrat eingebracht, der Bundesrat seinerseits hat Gesetzesentwürfe beim Bundestag eingebracht.

Ziel der Initiativen ist es, die Gerichte von Aufgaben zu entlasten, die, so die Auffassung der Initiatoren, nicht zum unabdingbaren Kernbereich der Rechtssprechung gehörten. Dies beziehe sich insbesondere auf das Gebiet des Nachlasswesens.

Die Länder sollen demgemäß zukünftig durch Öffnungsklauseln in die Lage versetzt werden, die Zuständigkeiten des Nachlassgerichtes auf Notare zu übertragen. Dabei soll eine Übertragung von Teilaufgaben nicht zulässig sein sondern die Zuständigkeit müsse, sofern von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht werde, insgesamt übertragen werden. Um die rechtlichen Grundlagen hierfür zu schaffen, solle wieder einmal eine Änderung des Grundgesetzes vorgenommen werden.

Betroffen sind daher beispielsweise die Testamentseröffnung und die Überwachung von Testamentsvollstreckern.

Weitere Zuständigkeiten sollen auf den Notar in Grundbuchsachen übertragen werden können, insbesondere die Gewährung von Grundbucheinsichten durch Erteilung eines einfachen oder beglaubigten Grundbuchausdrucks.

Voraussichtlich wird der Bundestag die Gesetzesinitiative zunächst zur weiterführenden Beratung an die Ausschüsse verweisen, so dass mit einer alsbaldigen Gesetzesverabschiedung nicht zu rechnen ist. Die Tendenzen zur Privatisierung bislang hoheitlicher Aufgaben sind jedoch in vielen Teilbereichen der Justiz unverkennbar.

  1. Referentenentwurf zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren

Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 15.03.2010 ist beabsichtigt, für überlange Gerichtsverfahren Entschädigungsansprüche einzuführen. Sofern kein höherer Schaden nachgewiesen wird, soll pauschal eine Entschädigung von 100 € pro Monat zuerkannt werden, es sei denn, dies erweist sich im Einzelfall als unangemessen.

Einzelfallbezogen soll zudem die Unangemessenheit der Verfahrensdauer beurteilt werden. Voraussetzung ist zunächst die Erhebung einer Verzögerungsrüge. Das Entschädigungsgericht (die Oberlandesgerichte bzw. der BGH) soll zudem die Verfahrensverzögerung feststellen können, was zu einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger führen könnte.

Inwieweit ein solches Gesetz tatsächlich zu einem effektiveren Rechtsschutz führen würde, läßt sich derzeit noch nicht beurteilen – wenngleich die Idee durchaus begrüßenswert ist. Die Bundesregierung hofft offenbar auf eine Aufstockung der Personaldecke bei den Landesgerichten. Ob dies finanziell in den Landeshaushalten vertretbar ist, bleibt fraglich. Alternativ könnte sich auch nur der Druck auf die Richter erhöhen, zur Meidung von Amtshaftungsansprüchen Verfahren schnell zu erledigen. Dabei besteht durchaus die Gefahr der Reduzierung effektiven Rechtsschutzes.

Noreen Walther
Rechtsanwältin