Aufhebungsvertrag kann trotz Zeitdruck vor Unterschrift wirksam sein
Arbeitgeber dürfen den Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter bestimmten Bedingungen von einer sofortigen Angebotsannahme des Arbeitnehmers abhängig machen. Dabei müssen Arbeitgeber nicht zwangsweise eine längere Bedenkzeit für die Einholung von Rechtsrat gewähren, damit der Abschluss eines Aufhebungsvertrages wirksam ist (Bundesarbeitsgericht vom 24.02.2022, Az.: 6 AZR 333/21).
Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete in entsprechendem Betrieb seit Juni 2015 als Teamkoordinatorin im Verkauf. Im Jahre 2019 wurde sie dann mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie unberechtigt Einkaufspreise für Waren in der EDV reduziert habe, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. An dem Gespräch nahmen der Geschäftsführer und der Rechtsanwalt des Unternehmens teil.
Um was es im Termin gehen sollte, war ihr laut Gericht vorab nicht mitgeteilt worden. Stattdessen wurde der Frau ein vorbereiteter Aufhebungsvertrag vorgelegt, der vorsah, dass das Arbeitsverhältnis zum Monatsende aus betrieblichen Gründen endete. Nach einer zehnminütigen Pause, in der die Teilnehmenden schweigend am Tisch saßen, unterschrieb sie.
Eine Woche später hat sie den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Nach Ihrer Aussage sei ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Sie habe um längere Bedenkzeit und die Einholung von Rechtsrat gebeten, doch ihrer Bitte sei nicht entsprochen worden. Damit habe das Unternehmen durch den Aufhebungsvertrag unter Zeitdruck gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen.
Rechtliche Würdigung
Bereits die Vorinstanz war dieser Auffassung nicht gefolgt und hat zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Ein Aufhebungsvertrag könne zwar unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande kommen und damit unwirksam sein. Ob dies der Fall sei, müsse aber im Einzelfall entschieden werden.
Nur der Umstand, dass die Annahme des Aufhebungsvertrags lediglich sofort möglich sei, begründe für sich genommen aber noch nicht die Annahme, dass solche besonderen Gesamtumstände vorgelegen haben. Dies gelte selbst dann, wenn das angedrohte „Platzen lassen“ des Deals bei Verlassen des Raumes dazu führt, dass die Frau keinen Rechtsrat einholt und keine weitere Bedenkzeit hat. Vorliegend habe ein verständiger Arbeitgeber nämlich sehr wohl eine Kündigung in Aussicht stellen und eine Strafanzeige in Erwägung ziehen dürfen. Die Entscheidungsfreiheit der Frau sei damit nicht ungebührlich eingeschränkt gewesen.
René Illgen
Rechtsanwalt