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Anfechtung wegen Kontopfändung bis 10 Jahre vor Insolvenzantrag

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.09.2013, publiziert am 29.10.2013, die Rechte von Gläubigern des Insolvenzschuldners weiter beschnitten (Az.: IX ZR 4/13).

Sachverhalt und gerichtliche Entscheidung:

Die Gläubigerin pfändete nach Titulierung ihrer Ansprüche mangels ausreichender Deckung ohne Erfolg das Konto des Schuldners. Wegen ausbleibender Zahlung stellte die Gläubigerin daraufhin einen Insolvenzantrag. Wenige Tage später zahlte der Schuldner auf das gepfändete Bankkonto den rückständigen titulierten Betrag ein, der vom Kreditinstitut umgehend an die Gläubigerin ausgekehrt wurde. Daraufhin erklärte die Gläubigerin den Insolvenzantrag für erledigt. In einem späteren Insolvenzverfahren verlangte der Insolvenzverwalter mehr als 1 Jahr später im Wege der Anfechtung dieser Zahlung die Erstattung des Betrages von der Gläubigerin.

Das Gericht bestätigte den Anspruch des Insolvenzverwalters aus Insolvenzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO, da die Befriedigung der bösgläubigen Gläubigerin durch eine Handlung des Schuldners realisiert wurde. Grundsätzlich sind vollstreckungsrechtlich erhaltene Zahlungen nur innerhalb einer 3-Monats-Frist vor Insolvenzantragstellung anfechtbar (§§ 130, 131 InsO). Im Zeitraum davor gilt das Vorrecht der Einzelzwangsvollstreckung, so dass Gläubigern die berechtigte Pfändung möglich ist.

Gemäß § 133 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten 10 (!) Jahren vor Insolvenzantragstellung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil den Vorsatz des Schuldners kannte. Vorliegend sah das Gericht in der Einzahlung auf das Bankkonto aber eine Rechtshandlung des Schuldners, die die Auskehr an die Gläubigerin erst ermöglichte. Durch die Einzahlung wurden zudem weitere Gläubiger benachteiligt, da der Schuldner vorsätzlich nur die Pfandgläubigerin befriedigen wollte. Beachtenswert ist der Umstand, dass das Gericht damit auch auf die Kenntnis des Gläubigers von dem Benachteiligungsvorsatz schloss, da die Zahlungsunfähigkeit und nicht übliche Leistung (Inkongruenz) dies erkennen lassen.

Folgen für die Praxis:

Praxisrelevant ist dies für Gläubiger vor allem, wenn nach erfolglosen Versuchen der Zwangsvollstreckung (Lohn-, Konto- und sonstige Pfändungen) der Schuldner zur Vermeidung von weiteren Nachteilen oder nach Absprache mit dem Gläubiger selbst Handlungen vornimmt, die die Vollstreckung erst ermöglichen und der Gläubiger damit rechnen muss, dass er damit selbst vor anderen Gläubigern bevorteilt wird. Demgemäß ist das sog. „Auffüllen“ von Kassen oder Konten auf Druck und ohne besondere Kenntnis des Gläubigers von diesem Willen des Schuldners auch noch bis zu 10 Jahre später anfechtbar.

Gegenüber dem Insolvenzverwalter wäre dann nachzuweisen, dass vom wesentlichen Hintergrund/ Geschehensablauf der Auffüllhandlung unvoreingenommen keine Kenntnis besteht und eine Benachteiligung andere Gläubiger für ihn nicht erkennbar war.

Die Abwehr von Ansprüchen der Insolvenzverwalter, insbesondere der Anfechtung, ist eine weitere Spezialität unserer Kanzlei. Wir stehen Ihnen daher auch auf diesem Gebiet weiterhin sehr gern zur Verfügung.

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt