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Nachbarrecht

I. Grundsätzliches zum Nachbarrecht

Grundlegende Vorschriften, die das Verhältnis der Nachbarn zueinander betreffen, enthalten die §§ 903 ‑ 924 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Generell gilt: Vorschriften des Bundes gehen Vorschriften des Landes immer vor. Das BGB als Bundesrecht wird in Sachsen vor allem durch das Sächsische Nachbarschaftsgesetz (SächsNRG), in Thüringen durch das Thüringer Nachbarschaftsgesetz ThürNRG und Sachsen-Anhalt durch deren Nachbarschaftsgesetz (NbG) ergänzt. Diese Nachbarschaftsgesetzte der Länder treten aber nicht nur gegenüber dem BGB zurück, sondern gelten auch dann nicht, wenn in anderen Gesetzen oder in kommunalen Satzungen entgegenstehende Vorschriften enthalten sind. Solche Vorschriften des Nachbarrechts sind in zahlreichen Gesetzen (z. B. in der Sächsischen Bauordnung) enthalten.

In den Nachbarschaftsgesetzen werden insbesondere jeweils Regelungen zur Einfriedung des Grundstücks, zu Duldung von Versorgungs- oder Abwasserleitungen auf den Grundstücken und Entfernungen zur Grundstücksgrenze von Bäumen, Sträuchern und Hecken getroffen.

Die Vorschriften der Nachbarschaftsgesetze gelten nur im Verhältnis zwischen Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigten oder Nutzern nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Im Verhältnis von Mietern oder Pächtern zueinander gelten ausschließlich die Vorschriften des BGB.

Auch wenn keine vorrangigen Rechtsnormen zu beachten sind, gelten die Nachbarrechtsgesetze nur, sofern die Nachbarn nicht bereits selbst eigene Vereinbarungen über bestimmte Fragen geschlossen haben. Solche Vereinbarungen bleiben auch bestehen, wenn sie vor Inkrafttreten der Nachbarschaftsrechtsgesetze geschlossen worden.

Die wichtigste Grundregel im Zusammenleben der Nachbarn ist die Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Seine Nachbarn kann man sich nun einmal nicht aussuchen. Gerade die Streitigkeiten zwischen den Nachbarn werden aber häufig mit großer Bitterkeit und unter Berufung auf vermeidlich oder tatsächlich bestehende Rechte geführt. Hierbei wird oft vergessen, dass gerade das starre Beharren im Einzelfall den Grundstein für weitere Konflikte bilden kann, wenn hierdurch die Belange des jeweils anderen nicht in genügendem Maße berücksichtigt werden.

II. Einige gerichtliche Entscheidungen zum Nachbarrecht

1.

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 10.07.2015 (Az. V ZR 229/14) mit der Frage befasst, ob ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn die Beseitigung von Bäumen wegen der von ihnen verursachten Verschattung verlangen kann.

In diesem Fall standen in einem Abstand von 9 bzw. 10, 30m von der Grenze zwei ca. 25 Meter hohe, gesunde Eschen. Die Kläger verlangten die Beseitigung dieser Bäume mit der Begründung, der Garten werde vollständig verschattet und eigne sich infolge dessen weder zur Erholung noch zur Hege und Pflege der von ihnen angelegten anspruchsvollen Bonsaikulturen. Nachdem die Kläger zwei Instanzen die Klage bereits verloren hatten, waren sie auch vor dem Bundesgerichtshof erfolglos. Der BGB führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass ein Beseitigungsanspruch für die Bäume ausscheide, da die Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze eingehalten sind, der Entzug von Licht keine „negative“ Einwirkung darstellt und im übrigen die Verschattung nur die Gartenfläche und nicht das gesamte Grundstück betrifft.

2.

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken, Az. S 363/86, hat ein Grundstücksbesitzer im Herbst den Laubbefall eines vom Nachbargrundstück ausgehenden Baumes hinzunehmen, da die Beseitigung von aus größeren Laubmengen eine übliche Arbeit im Herbst darstellt und den Grundstücksbesitzer daher zumutbar ist.

In diesem zugrunde liegenden Fall ging ein Grundstücksbesitzer gerichtlich gegen den erheblichen Laubbefall von einen auf dem Nachbargrundstück stehenden etwa 8 bis 20 m hohen Baums vor. Der Grundstücksbesitzer hielt es für unzumutbar, das Laub zu beseitigen, um nicht auf Treppen oder Wegen auszurutschen.

Das Landgericht Saarbrücken hielt die Beeinträchtigung durch fallendes Laub für einen Grundstücksbesitzer jedoch für zumutbar, selbst dann, wenn aufgrund der Größe des Baums eine erhebliche Menge an Laub anfällt. Jeder Besitzer eines gärtnerisch angelegten Grundstücks in einer Gegend, in der Bäume üblich sind, stehe im Herbst vor dem Problem, dass er anfallendes Laub, von eigenen oder benachbarten Bäumen, beseitigen müsse.

3.

Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Siegburg, Az. 118 C 97/13, besteht kein Anspruch auf Unterlassung des Betriebs eines Rasenrobotors, wenn die Grenzwerte der TA Lärm eingehalten werden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde. Die Eigentümer eines Grundstückes nutzten zum Rasenmähen einen Roboter. Dieser war ununterbrochen auch in der Ruhezeit werktäglich von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr in Betrieb. Zudem musste der Roboter alle 60 bis 75 Minuten seine Ladestation aufsuchen und seinen Akku aufladen. Nach dem Ladevorgang nahm der Roboter seine Tätigkeit wieder auf. Der Nachbar fühlte sich von dem Roboter gestört. Der Beklagte erhob daher Klage auf Unterlassung des Betriebes des Rasenroboters über eine Zeit von 5 Stunden hinaus.

Das Amtsgericht Siegburg entschied gegen den Nachbarn und führte zur Begründung aus, dass der maßgebliche Wert von 50 dB(A) nach der TA Lärm erheblich unterschritten wird, nachdem hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde und in der Folge der Nachbar gem. § 906 Abs. 1 BGB den Betrieb des Roboters dulden müsse.

Bei Fragen zum Nachbarrecht stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

René Illgen

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 12/2015

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz