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Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Für eine außerordentliche, fristlose Kündigung müssen, neben den allgemein für jede Kündigungsart geltenden Voraussetzungen, bestimmte besondere Voraussetzungen vorliegen:

  1. Wichtiger Grund
  2. Vorherige Abmahnung (ausnahmsweise entbehrlich)
  3. Einhaltung der zwei-Wochen-Frist
  4. Kein milderes Mittel („ultima ratio“)

Unerheblich ist dabei, ob auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, da die aufgezählten Voraussetzungen für eine wirksame außerordentliche Kündigung immer vorliegen müssen.

1. Wichtiger Grund

Bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen der Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Vorliegen eines „an sich“ geeigneten Grundes

Es muss zunächst ein Sachverhalt gegeben sein, der „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dazu müssen konkrete Tatsachen vorliegen. Subjektive Kenntnis oder Wertung eines Arbeitgebers reichen nicht.

Eine konkrete Beeinträchtigung der Arbeitsverhältnisse ist in folgenden Bereichen denkbar:

  • im Leistungsbereich (Beispiel: beharrliche Arbeitsverweigerung)
  • im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter (Beispiel: sexuelle Belästigung einer Arbeitskollegin)
  • im persönlichen Vertrauensbereich (Beispiel: Straftat – z. B. Diebstahl – gegenüber dem Arbeitgeber).

    An sich als wichtiger Grund geeignet ist z. B.:

  • anhaltende Arbeitsunfähigkeit
  • grobe Verletzung der Treuepflicht
  • Tätlichkeiten oder Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber.

Interessenabwägung

Liegen Tatsachen vor, die „an sich“ eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, ist in einem weiteren Schritt eine Interessenabwägung vorzunehmen. Es ist zu prüfen, ob aufgrund dieser Tatsachen das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Aufrechterhaltung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist überwiegt.

Zugunsten des Arbeitgebers können z. B. folgende Umstände Berücksichtigung finden:

  • negative betriebliche/wirtschaftliche Auswirkungen
  • eingetretene bzw. zu erwartende Schäden
  • Imageverlust in der Öffentlichkeit
  • hohes Verschulden des Arbeitnehmers.

Zugunsten des Arbeitnehmers können folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  • kein oder geringes Verschulden des Arbeitnehmers
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Alter
  • Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

2. Abmahnung

Eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer bereits einmal wegen einer gleichartigen Pflichtverletzung wirksam abgemahnt worden ist.

In Ausnahmefällen kann eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung auch ohne eine zuvor erteilte Abmahnung wirksam sein. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BAG nur in zwei Fällen:

a) wenn bereits bei Ausspruch erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten ist.

b) wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.

3. Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist

Nach § 626 Abs. 2 BGB darf die außerordentliche Kündigung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ausgesprochen werden, wobei diese Frist mit Kenntnis des Arbeitgebers zu laufen beginnt.

Erfährt hingegen ein Arbeitgeber von Tatsachen, die zu einer Kündigung berechtigen können, ist er grundsätzlich berechtigt, zunächst weitere Ermittlungen und Aufklärungsversuche zu unternehmen. Bis zur Beendigung der Ermittlungen beginnt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht zu laufen.

4. Kein milderes Mittel („ultima ratio“)

Eine außerordentliche, fristlose Kündigung ist nur dann wirksam, wenn sie unausweichlich war. Es ist deshalb stets zu fragen, ob der Zweck, den der Arbeitgeber mit der Kündigung erreichen will, nicht auch auf anderer Weise, die den Arbeitnehmer weniger als eine Kündigung belastet, hätte erreicht werden können.

In Betracht kommen folgende mildere Maßnahmen:

  • ordentliche, fristgemäße Kündigung
  • Änderungskündigung
  • Abmahnung
  • Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz.

René Illgen

Rechtsanwalt

Kanzleiforum 12/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz