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Verkehrswertgutachten auf neuer gesetzlicher Grundlage

Fast 22 Jahre erfolgte die Erstellung von Verkehrswertgutachten auf der Grundlage der „Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerten von Grundstücken (WertV)“.

Nach mehreren Anläufen hat die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19.05.2010 die Hürden des Bundesrates übersprungen und ist am 01.07.2010 in Kraft getreten.

Die neue Verordnung ist auch dann anzuwenden, wenn sich die Verkehrswertermittlung auf zurückliegende Zeiträume bezieht.

1. Die wesentlichen Änderungen

Verkehrswerte sind ein Produkt des Marktes und werden als Marktwerte bezeichnet. Mit einer neuen gesetzlichen Grundlage der Gutachtenerstellung sind deshalb keine neuen oder anderen Grundstückswerte verbunden.

Mit der ImmoWertV werden die Grundsätze der WertV bestätigt. Es wurden jedoch zahlreiche Vorschriften gestrafft und der systematische Aufbau wurde verbessert.

Die Entwicklung der Verknüpfung der Verkehrswertermittlung mit den von den Gutachterausschüssen gesammelten Daten wurde vertieft.

2. die drei klassischen gebräuchlichen Wertermittlungsverfahren

Die drei klassischen Verfahrensmethoden wurden neu formuliert, ihr Grundcharakter jedoch beibehalten:

  • das universell anwendbare klassische zweigleisige Ertragswertverfahren unter Aufteilung in einen Boden- und Gebäudewertanteil, wird als Allgemeines Ertragswertverfahren bezeichnet,
  • das klassische eingleisige Ertragswertverfahren ohne Aufteilung in einen Boden- und Gebäudewertanteil, das sich unter bestimmten Voraussetzungen über den angegebenen Verfahrensweg zu einem achten vereinfachten Ertragswertverfahren reduzieren lässt

und

  • das mehrperiodische Ertragswertverfahren, das der allgemeinen Barwertformel entspricht.

Alle drei Verfahren müssen zu demselben Ertragswert führen und unterscheiden sich nur in ihrer Darstellung.

3. Marktüblicher erzielbarer Ertrag

Die neue ImmoWertV schafft die notwendige Klarheit, dass bei Anwendung des Ertragswertverfahrens

  • grundsätzlich von den „marktüblich erzielbaren Erträgen“ statt von nachhaltigen Erträgen auszugehen ist und diese
  • bei allen zur Anwendung kommenden Wertermittlungsverfahren einschließlich des mehrperiodischen Ertragswertverfahrens mit dem Liegenschaftszinssatz „vernachhaltigt“ werde.

4. Bodenwertdämpfung und Bodenrichtwerte

Mit der ImmoWertV wird die allgemeine Bodenwertdämpfung bebauter Grundstücke unter Verbot gestellt, so dass die ausgewiesenen Grundstückswerte objektiver werden.

Bodenrichtwerte haben sich als Grundlage der Bodenwertermittlung bewährt. In der Verordnung wurde geregelt, dass Bodenwerte künftig vorrangig unter Heranziehung von Vergleichspreisen zu ermitteln sind, d.h. Bodenrichtwertverfahren sind ergänzend heranzuziehen.

5. Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren wird auf eine marktkonforme Sachwertermittlung ausgerichtet.

Die Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt ist nunmehr integraler Bestandteil der Sachwertermittlung.

Die von den Gutachterausschüssen heran gegebenen Sachwertfaktoren, die sich auf Normalverhältnisse beziehen, sind zu berücksichtigen.

Das Ziel der ImmoWertV, die Transparenz des Grundstücksmarktes zu erhöhen, steht unter hoher Abhängigkeit von der Qualität der Arbeit der Gutachterausschüsse.

Dietmar Strunz
Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 09/2010

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz