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Verbrauchsumlage von Wasserkosten unter Berücksichtigung des Leerstandsrisikos

Seit einigen Jahren steht die Umlage von Grundkosten der Wasserver- und –entsorgung im Fokus der amtsgerichtlichen Rechtsprechung. Dabei wurde immer wieder die Ansicht vertreten, dass diese Grundkosten zwingend nach einem verbrauchunabhängigen Maßstab und nicht nach Verbrauch zu verteilen sind.

Zuletzt hatte das OLG Dresden (WuM 2010,158) entschieden, dass eine Mietvertragsklausel in AGB unwirksam ist, die ohne eine Einschränkungen eine Umlage der Wasserkosten nach Verbrauch vorsieht.

Das Urteil des OLG Dresden lag dem BGH zur Überprüfung vor, welcher mit Urteil vom 06.10.2010 wie folgt entschied:

„ § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB lässt es zu, dass die Kosten der Wasserversorgung im – vom Gesetz vorausgesetzten – Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden, also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfallen. Dieser Grundsatz findet seine Grenze dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führt, die auf die leerstehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden können, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfällt.“

Prinzipiell ist also eine vollständige Umlage nach Verbrauch zulässig. Lediglich bei erheblichem Leerstand, der bei einer Verbrauchumlage zur unzumutbaren Mehrkosten bei den verbliebenen Mietern führt ist der Leerstand an den Kosten zu beteiligen.

Die Fragen wann ein Leerstand erheblich ist und wann Mehrkosten unzumutbar sind, hat der BGH offen gelassen, was jetzt die Praxis vor erhebliche Probleme stellt.

In einer der ersten Entscheidungen nach dem BGH-Urteil hat des LG Zwickau einen Leerstand von 40 % für erheblich gehalten und die Leerstandsbedingten Mehrkosten von unter 20 % der Gesamtwasserkosten als unzumutbar angesehen.

Leider hat sich auch das LG Zwickau jeder grundsätzlichen Betrachtung entzogen und lediglich im vorgelegten Einzelfall entschieden.

Der BGH hatte sich in einem Urteil vom 31.05.2006 (VIII ZR 159/05) bereits mit dem umgekehrten Fall beschäftigt, in dem der Vermieter eine Berücksichtigung des Leerstandes zu seinen Gunsten geltend gemacht hatte. Dort hatte der BGH bei einer Leerstandsqoute von 8,6 % festgestellt, dass ein erheblicher Leerstand nicht anzunehmen sei.

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass ein Anpassungsanspruch bei der Umlagevereinbarung wegen Leerstand dann bestehen kann, wenn der Leerstand „weit über 20 %“ (Kinne, in Kinne/ Schach/Bieber § 556a Rdn. 2) bzw. „nicht unter 20 %, eher 30 %“ (Sternel WuM 2003, 243) beträgt.

Eine genauere Eingrenzung der Erheblichkeitsschwelle ist der weiteren Rechtsprechung vorbehalten.

Der Rechtsprechung und Literatur ist aber zu entnehmen, dass die Erheblichkeitsschwelle bei 20 -30 % anzusiedeln ist.

Wann liegen aber darüber hinaus unzumutbare Mehrkosten für die verbliebenen Mieter vor?

Richtig ist sicherlich, dass der Bezugsmaßstab für die Mehrkosten die Gesamtwasserkosten sind. Ob letztlich tatsächlich eine Mehrbelastung von unter 20 % bereits als unzumutbar angesehen werden muss, ist aber zweifelhaft.

Hintergrund des Anpassungsbedarfs ist eine Abweichung von gesetzlich angenommen Normalfall der Vollvermietung. Leerstand stellt nach den Erwägungen des BGH eine Abweichung vom Normalfall dar. Die Rechtskonstruktion ist vergleichbar mit der Störung der Geschäftsgrundlage bei einer vertraglichen Abrede. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Störung der Geschäftsgrundlage sind in § 313 BGB geregelt, der auch auf die Unzumutbarkeit der Bindung an die bisherige Regelung abstellt.

Unzumutbarkeit liegt nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu § 313 BGB vor, wenn das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde.

Die Anforderungen an die Störung der Geschäftsgrundlage für vertragliche Regelungen und die daraus resultierende Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung zu gleichen Bedingungen werden auf dieser Basis relativ hoch angesetzt.

Da hier eine Abweichung von einem gesetzlichen Grundsatz vorgenommen werden soll, sind die Grenzen eher noch höher anzusiedeln. Unter diesen Prämissen muss die aus dem Leerstand resultierende Mehrbelastung durch Fixkosten bei mindestens 30 % der Gesamtkosten liegen.

Letztlich ist zu fragen, auf welche Weise der erhebliche Leerstand in der Betriebskostenabrechnung zu berücksichtigen ist.

Natürlich könnte eine Umlage der Grundkosten nach dem verbrauchunabhängigen Maßstab der Wohnfläche erfolgen. Für eine ebenfalls denkbare Umlage nach Wohneinheiten, bedarf es zunächst einer entsprechenden Vereinbarung mit den Mietern.

Problematisch ist bei der Verendung eines anderen Umlagemaßstabs, dass sich je nach Leerstand der Umlagemaßstab in einer Abrechnungseinheit ändern könnte, bzw. müsste.

Vorzugwürdig erscheint daher ein Vorwegabzug der anteiligen Grundkosten für den Leerstand, der nach den Grundsätzen des Gesamtkostenausweises in der Betriebskostenabrechnung erläutert werden müsste. Nach dem Vorwegabzug können dann die restlichen Wasserkosten wieder nach dem gewohnten Verbrauchsmaßstab verteilt werden. Bei dieser Methode würde sich der Aufbau der jährlichen Betriebskostenabrechnung nicht ändern und bei einem Vorwegabzug würde zugleich eine Erläuterung erfolgen.

Die Rechtsprechung zu dem Themenkomplex bleibt auch in Zukunft interessant, da mit weiteren unterinstanzlichen Urteilen zur Frage der Erheblichkeit des Leerstandes und zur Unzumutbarkeit von Mehrkosten zu rechnen ist.

Zudem stellt sich die Frage, ob sich diese Rechtsprechung bei hohen Leerstand auch für den Vermieter nutzbar machen lässt.

Martin Alter
Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 03/2011

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz