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Urteil des Amtsgerichts Halle a. d. Saale zur konkludenten Fortsetzung eines Wohnraummietvertrages nach Kündigung

Nach dem nunmehr veröffentlichten Urteil des Amtsgerichts Halle/Saale vom 16.12.2010, Aktenzeichen 93 C 2291/10, lebt ein Wohnraummietverhältnis nach Kündigung durch monatelange beiderseitige Erfüllung nicht wieder auf, wenn im Mietvertrag die stillschweigende Fortsetzung des Vertragsverhältnisses gemäß § 545 BGB wirksam ausgeschlossen wurde.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Mieter zahlte die Miete über Monate hinweg nicht, so dass es schließlich im Juli 2009 zu einer fristlosen Mietvertragskündigung durch den Vermieter wegen Zahlungsverzug kam. Der Mieter bat den Vermieter daraufhin mehrfach um ausdrückliche Bestätigung in der Wohnung verbleiben zu können und das Mietverhältnis fortzusetzen. Eine entsprechende Bestätigung erteilte der Vermieter nicht. Vielmehr erhob er im Juni 2010 Klage auf Räumung und kündigte hilfsweise nochmals fristlos wegen des Zahlungsverzuges.

Das Amtsgericht Halle gab der Klage statt. Der Mietvertrag sei auch nicht gemäß § 545 BGB stillschweigend verlängert worden, weil diese Bestimmung mietvertraglich wirksam abbedungen wurde.

Auch durch schlüssiges Verhalten sei ein neues Mietverhältnis nicht begründet worden. Insbesondere habe der Mieter aufgrund des „zögernden und hinhaltenden Verhaltens“ keinesfalls annehmen können, damit habe der Vermieter sein Angebot auf Abschluss eines neuen Mietvertrages angenommen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Vermieter mehrfach die ausdrücklichen Bestätigungsgesuche unbeantwortet ließ.

Der Mietvertrag sei auch nicht durch monatelange beiderseitige Erfüllung konkludent wieder aufgelebt, insbesondere weil die Entgegennahme der Zahlung sich nur auf die Zahlung der Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB bezogen haben kann.

Das Amtsgericht prüfte zudem, ob aufgrund des Umstandes, dass der Vermieter erst elf Monate nach Kündigung Räumungsklage erhob, seinen Herausgabeanspruch verwirkt haben könnte. Nach Auffassung des Gerichts sei dies noch kein so langer Zeitraum, dass man von der Bildung eines Vertrauenstatbestandes zugunsten des Mieters ausgehen könne, aus dem dieser Rechte herleiten dürfte. Sofern zwischen Kündigung und Räumungsklage noch kein Jahr liege, könne man im Regelfall nicht von einer Verwirkung des Räumungsanspruches ausgehen.

 

Das Gericht gestand dem Mieter jedoch eine weitere Räumungsfrist von sechs Monaten zu, weil die laufenden Zahlungen durch die ARGE gewährleistet seien, keinerlei Störungen des Hausfriedens zu verzeichnen seien, der Mieter noch keine neue Wohnung gefunden habe und das jüngste seiner vier Kinder noch kein Jahr alt sei.

Praxishinweis:

Andere Gerichte halten angesichts einer Wartezeit von mehreren Monaten den Räumungsanspruch für verwirkt.

Noch strenger wird teilweise die Frist zwischen Bekanntwerden eines Kündigungsgrundes und Ausspruch der fristlosen Kündigung betrachtet. Mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung erklärt der Vermieter zugleich, dass ihm eine Vertragsfortsetzung bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Daher verlangen zumindest bei Störungen des Hausfriedens einige Gerichte (u.a. AG Lobenstein, LG Gera), dass binnen 2 Wochen ab Bekanntwerden des Kündigungsgrundes die fristlose Kündigung ausgesprochen wird – anderenfalls diese nicht mehr zulässig sei.

Handelt es sich um einen Zahlungsrückstand stellen die Gerichte derartige Erwägungen – derzeit – nicht an. Wird jedoch ein Zahlungsausfall oder eine ständig unpünktliche Mietzahlung über viele Monate bzw. sogar Jahre geduldet, kann u.U. im Einzelfall eine fristlose Kündigung darauf nicht mehr gestützt werden. Ein alsbaldiges und konsequentes Verhaltend es Vermieters empfiehlt sich auch bereits deshalb, weil bei geringeren Forderungshöhen die Beitreibungschancen erfahrungsgemäß höher sind als nach Auflaufen eines beträchtlichen Rückstandes, dessen Tilgung dem Schuldner selbst immer unmöglicher erscheinen mag.

Noreen Walther
Rechtsanwältin