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Neuregelungen durch das Familienpflegezeitgesetz

Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) ist am 01.01.2012 in Kraft getreten. Anders als das bereits 2008 in Kraft getretene Pflegezeitgesetz räumt es den Beschäftigten jedoch keinen Freistellungsanspruch gegenüber ihren Arbeitgebern ein. Es gilt das Freiwilligkeitsprinzip. Die Freistellung des Beschäftigten erfolgt auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Was ist Familienpflegezeit?

Im Rahmen der Familienpflegezeit reduziert der Arbeitnehmer seine wöchentliche Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung, also meist zu Hause, zu pflegen. Dabei muss jedoch eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vom 15 Stunden verbleiben. Die Familienpflegezeit beträgt max. 24 Monate und kann mit der 6 monatigen Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz kombiniert werden, so dass eine Gesamtpflegezeit von max. 30 Monaten möglich ist. Während der Inanspruchnahme von Familienpflegezeit geniest der Abreitnehmer Kündigungsschutz.

Lohnzahlung während der Familienpflegezeit

Die Reduzierung der Arbeitszeit während der Familienpflegezeit soll nicht zu einer entsprechenden Reduzierung des Arbeitsentgelts führen. Um den Arbeitnehmer während der Familienpflegezeit finanziell abzusichern, ist eine Aufstockung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber vorgesehen. Die Aufstockung soll durch die Entnahme von Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben i.S.d. § 7 b SGB IV erfolgen. In der Regel wird bei Inanspruchnahme der Familienpflegezeit ein solches Wertguthaben nicht bestehen. Dann kann aus einem fiktiven Wertguthaben Arbeitsentgelt entnommen werden, so dass ein „Negativ-Wertguthaben“ entsteht, das nach der Pflegezeit wieder ausgeglichen, sprich erarbeitet werden muss. Im Rahmen der Nacharbeit wird der Betrag vom Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers einbehalten, der dem Aufstockungsbetrag durch den Arbeitgeber während der Familienpflegezeit entspricht.

Familienpflegezeitvereinbarung

Zum Aufbau des Wertguthabens und der Durchführung der Familienpflegezeit ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu treffen. Darin ist die längerfristige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit zum Zwecke der Pflege eines Angehörigen gegen Zahlung von Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben festzuhalten. Es muss weiter festgehalten werden, dass der Vorschuss, der zu einem „Negativ-Wertguthaben“ führt, später durch „Nacharbeit“ zurückgezahlt wird. Außerdem muss die Vereinbarung vorsehen, dass das fällige Arbeitsentgelt regelmäßig mehr als 400 € monatlich übersteigt, um den sozialversicherungsrechtlichen Status zu erhalten. Schlussendlich sollten auch Regelungen zum Insolvenzschutz aufgenommen werden.

Finanzierungsmöglichkeiten und Störfallregelungen

Zur Finanzierung der „Negativ-Wertguthaben“ besteht für den Arbeitgeber gem. § 3 Abs. 1 FPfZG ein Rechtsanspruch auf ein zinsloses Darlehen durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Zahlt der Arbeitnehmer durch Nacharbeit auf das Negativ-Wertguthaben ein, wird das Darlehen an das Bundesamt zurückgeführt.

Für den Fall, dass der Arbeitnehmer in der Pflegephase oder vor vollständiger Rückzahlung verstirbt oder erwerbsunfähig wird, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Familienpflegezeitversicherung abzuschließen, die die Rückzahlung des Wertguthabens sicher stellt. Sonstige Störfälle, wie beispielsweise die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer, deckt die Versicherung nicht ab. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ausgleich in Geld gem. § 9 Abs. 2 S. 1 FPfZG. Hat der Arbeitnehmer kein Darlehen des Bundesamtes für Familie in Anspruch genommen, kann er von diesem die Übernahme der Zahlungen für den Arbeitnehmer verlangen. Hat der Arbeitgeber das Darlehen des Bundesamtes in Anspruch genommen, kann er den Erlass der Darlehensrückzahlung durch das Bundesamt verlangen. In beiden Fällen geht der Anspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Ausgleich des „Negativ-Wertguthabens“ auf das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben über.

Fazit

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung für Familienpflegezeit besteht nicht. Wird Familienpflegezeit durch den Arbeitgeber freiwillig gewährt, ist darüber eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Bei der rechtssicheren Gestaltung der Vereinbarung sind wir Ihnen selbstverständlich gern behilflich.

Jacqueline Klemd
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 03/2012

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz