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Keine Aufrechnung mit negativer Abrechnungsspitze im Wohnungseigentum

Nach dem Urteil des LG Frankfurt/Main vom 13.09.2018 zu Az. 2-13 S 92/17, welches sich der herrschenden Rechtsprechung insbesondere des BGH im Urteil vom 04.04.2014 zu Az. V ZR 168/13 anschloss, kann eine negative Abrechnungsspitze aus einer Jahresabrechnung keine Grundlage für eine hiermit erklärte Aufrechnung bilden.

 

Hintergrund:

Der Wirtschaftsplan, so er beschlossen ist, bildet die Anspruchsgrundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen jeden einzelnen Wohnungseigentümer auf Zahlung des laufenden Hausgeldes. Die Jahresabrechnung über das Wirtschaftsjahr ist auf der Basis der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen zu erstellen. Sie begründet jedoch nur insoweit eine neue Forderung über den Wirtschaftsplan hinaus, als der Wohnungseigentümer tatsächlich höhere Kosten als im Wirtschaftsplan kalkuliert verursacht hat.

 

Beispiel:

Monatliche Hausgeldschuld laut Wirtschaftsplan:       12 x 100 €

Soll laut Wirtschaftsplan pro Jahr =                                 1.200 €

Tatsächliche Kosten:                                                            1.500 €

Abrechnungsspitze (Differenz aus tatsächlichen

Kosten und Sollvorauszahlungen)                                     300 €

Hat der Wohnungseigentümer also das laufende Hausgeld nicht vollständig gezahlt und auch die Nachforderung aus der Jahresabrechnung nicht erfüllt, bestehen zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen. Für das laufende Hausgeld bleibt die Anspruchsgrundlage weiterhin der Wirtschaftsplan. Für die Abrechnungsspitze ist es die Jahresabrechnung. Wegen der unterschiedlichen Fälligkeitstermine verjähren die einzelnen Forderungen auch in unterschiedlichen Jahren.

Sind nun die tatschlichen Kosten geringer als die kalkulierten Kosten lt. Wirtschaftsplan, handelt es sich um eine negative Abrechnungsspitze.

Beispiel:

Monatliche Hausgeldschuld laut Wirtschaftsplan:       12 x 100 €

Soll laut Wirtschaftsplan pro Jahr =                                 1.200 €

Tatsächliche Kosten:                                                            1.000 €

Abrechnungsspitze (Differenz aus tatsächliche

Kosten und Sollvorauszahlungen)                                   – 200 €

 

Die Entscheidung:

Im Fall des LG Frankfurt hatte der Hausgeldschuldner verschiedene offene Forderungen aus dem Wirtschaftsplan nicht erfüllt. Sodann ergab die Abrechnung eine negative Abrechnungsspitze. Die WEG nahm diese negative Abrechnungsspitze zum Anlass, diesen angeblichen Auszahlungsanspruch des Schuldners mit früheren, zum Teil schon verjährten Forderungen aufzurechnen. Dies wies das LG als unzulässig ab.

Hintergrund ist die oben zitierte Entscheidung des BGH, wonach eine Jahresabrechnung den Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft aus dem jeweiligen Wirtschaftsplan lediglich der Höhe nach begrenzt, wenn es sich um eine negative Abrechnungsspitze aus der diesbezüglichen Abrechnung handelt.

Demnach besteht die Forderung aus dem Wirtschaftsplan maximal in Höhe von 1000 €, wenn die Jahresabrechnung tatsächliche Kosten nur in dieser Höhe ergeben hat.

Eine anhängige Klage aus offenen Wirtschaftsplanforderungen darüber hinaus müsste daher nach Erlass der Jahresabrechnung teilweise für erledigt erklärt werden.

In der Konsequenz hat nur der derjenige Wohnungseigentümer einen Auszahlungsanspruch aus einer negativen Abrechnungsspitze, der selbst die Hausgeldvorauszahlungen aus dem zugrunde liegenden Wirtschaftsplan vollständig erfüllt hat.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 2/2019

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz