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Fristlose und ordentliche Mietvertragskündigung

Der BGH hat sich im Urteil vom 19.09.2018 zu Az. VIII ZR 231/17 nochmals zur Thematik der Schonfristzahlungen bei Wohnungsmietvertragskündigungen wegen Zahlungsverzug geäußert.

 

Der Fall:

Der Vermieter hatte den Wohnraummietvertrag wegen Zahlungsverzug mit zwei Monatsmieten in zwei aufeinanderfolgenden Monaten fristlos und zugleich hilfsweise fristgerecht gekündigt. Der Mieter hatte die Ansprüche noch vor Klageerhebung durch Zahlung erfüllt, so dass gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die fristlose Kündigung nachträglich erloschen ist. Die gesetzliche Bestimmung lautet wie folgt:

Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete […] befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet…

Streitig war nunmehr, ob durch die Schonfristzahlung auch die gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung unwirksam geworden ist. Diese Auffassung hatten noch die Vorinstanzen, das AG Pankow/Weißensee und das LG Berlin, vertreten.

Der BGH hat nochmals erklärt, dass eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam bleibt, wenn die fristlose Kündigung durch Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird. § 569 BGB ist ausdrücklich nur auf fristlose Kündigungen anwendbar. Ein nachträglich vorgenommener Zahlungsausgleich führt daher nicht automatisch auch zur Unwirksamkeit der gleichzeitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigung aufgrund derselben Zahlungsverzugsbeträge.

Dennoch könne im Einzelfall eine Berufung auf die ordentliche Kündigung treuwidrig erscheinen. Insoweit hatte der BGH bereits im Beschluss vom 23.02.2016 zu Az. VIII ZR 321/14 ausgeführt, dass selbst bei Zahlungsausgleich innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Räumungsklage keine allgemeine Regel aufgestellt werden könne, wonach eine ordentliche Kündigung dann rechtsmissbräuchlich sei, selbst wenn es keine Anhaltspunkte für zukünftige erneute Zahlungsrückstände gebe und auch sonst keine mietvertraglichen Pflichten verletzt seien. Ob eine Treuwidrigkeit der Berufung auf die ordentliche Kündigung vorliege, müsse der Tatrichter im Einzelfall entscheiden. In dem Beschluss aus dem Jahre 2016 hatten die drei Voraussetzungen, die nicht zu einer allgemeinen Regel erhoben werden könnten, nach Ansicht des BGH dennoch zu einer Treuwidrigkeit geführt und somit dazu, dass der Mieter in der Wohnung wohnen bleiben durfte.

 

Hinweis:

Wir empfehlen dennoch, zukünftig, wie im Muster der Kanzlei (abrufbar im Servicebereich unter Wohnraummiete) standardtextmäßig vorgesehen, bei Zahlungsverzug sowohl die außerordentliche als auch hilfsweise die ordentliche Kündigung zu erklären, da sich für die ordentliche Kündigung der Mieter grundsätzlich mehr entlasten muss, als nur darauf hinzuweisen, dass er einen nachträglichen Zahlungsausgleich geleistet hat. Die Chancen, das Mietverhältnis dadurch endgültig zu beenden, sind insoweit deutlich höher.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei nur isoliert ausgesprochener fristloser Kündigung, anschließender Erhebung einer Räumungsklage und rechtzeitig erfolgendem Zahlungsausgleich durch den Mieter, die fristlose Kündigung unwirksam wird und die Räumungsklage für erledigt erklärt werden muss. Daraufhin wird zwar dem Mieter auferlegt, die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Regelmäßig ist dieser dazu aber finanziell nicht in der Lage oder nicht bereit.

Nach einhelliger Rechtsprechung können die diesbezüglichen Prozesskosten dann nicht zum Anlass genommen werden, dem Mieter erneut den Wohnraummietvertrag fristlos zu kündigen, weil es sich dabei nicht um Mietforderungen handelt. Somit könnte der Vermieter hinsichtlich der Prozesskosten endgültig ausfallen, der Mieter dennoch weiter wohnen bleiben.

Es liegt übrigens bereits ein Gesetzesantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, wonach die Schonfristzahlungsregelung auch auf fristgemäße Kündigungen anwendbar werden soll, Drucksache 19/2976.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 42/2018

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz