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Entfernung von Tapeten durch Mieter – Schadensersatzpflicht?

Der Bundesgerichtshof urteilte über einen Sachverhalt, in dem der Mieter – ohne zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet zu sein – in der Mietwohnung Tapete von den Wänden entfernte, ohne die Renovierung zu Ende zu führen.

 

Sachverhalt

Der Beklagte mietete ein Doppelhaushälfte in einem unrenovierten Zustand. Nach Einzug begann der Beklagte mit entsprechenden Renovierungsarbeiten, unter anderem entfernte er teilweise die Tapete. Als der Beklagte erfuhr, dass die Klägerin das Haus verkaufen wollte, stellte er sämtliche Renovierungsarbeiten ein und übergab der Klägerin das Haus zurück. Die Klägerin machte daraufhin einen Schadensersatzanspruch geltend, wegen Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs, da die Renovierung nicht zu Ende geführt wurde.

 

Rechtliche Würdigung

Zunächst wurde festgestellt, dass der Mieter verpflichtet ist, die ihm überlassenen Mieträume in einem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe des § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten. Insbesondere ist dem Mieter auferlegt die Räume, aufgrund der ihm obliegenden Obhutspflicht, schonend und pfleglich zu behandeln. Dabei ist alles zu unterlassen, dass nicht mehr unter einer vertragsgemäßen gedeckten Verschlechterung unterfällt.

Mit der Entscheidung bestätigt der Bundesgerichthof seine bisherige Rechtsprechung. Auf Grund der unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung war der Beklagte nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Allerdings habe der Beklagte mit Abreißen der Tapete, ohne die damit begonnene Renovierung zu Ende zu führen, den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung überschritten. Der Beklagte ist daher nach den §§ 535 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Die Pflichtverletzung liegt darin, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die begonnenen Renovierungsarbeiten zu Ende zu führen oder den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Der Schadensersatzanspruch kann ohne eine vorherige Fristsetzung geltend gemacht werden.

 

Praxishinweis

Sollte ein Schadensersatzanspruch bejaht werden, ist in der Praxis zudem der Grundsatz Abzug „Neu für Alt“ zu beachten. Dieser besagt, dass der Vermieter durch einen vom Mieter zu leistenden Schadensersatz nicht in den Genuss einer Wertsteigerung kommen soll. Hierbei ist die wirtschaftliche Lebensdauer des beschädigten Teils der Mietsache maßgeblich. Beispielsweise beträgt die wirtschaftliche Lebensdauer von Raufasertapete ca. 8 bis 12 Jahren, für Teppichboden ebenfalls ca. 8 bis 12 Jahren oder für Laminatboden etwa 8 bis 15 Jahren. Im Einzelfall ist hierfür die Qualität des beschädigten Teils maßgeblich.

Es empfiehlt sich, etwaige Rechnungen aufzuheben, um im späteren Bestreitensfall Beweis über die Lebensdauer und Qualität des beschädigten Teils erbringen zu können.

(Urteil des BGH vom 21.08.2019 – VIII ZR 263/174)

 

Michelle Freitag
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 36/2019

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz