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Das Direktionsrecht des Arbeitgebers

Das Direktionsrecht (Weisungsrecht) hat den Zweck, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, den Arbeitnehmer entsprechend den wechselnden betrieblichen Erfordernissen einzusetzen. Ohne ein solches Recht wäre ein vom Arbeitgeber gesteuerter, geordneter Betriebsablauf nicht möglich. Die Ausübung des Direktionsrechts konkretisiert in einer rechtlich verbindlichen Weise die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, d.h. dieser muss die Weisung befolgen.

Dabei ist der Arbeitgeber bei seinen Weisungen nicht auf das Einverständnis des Arbeitnehmers angewiesen. Das Besondere an der Weisung ist gerade ihre Einseitigkeit. Allein die vom Arbeitgeber gemachten Vorgaben entscheiden, d.h. ein Einverständnis des Arbeitnehmers ist – rein rechtlich – nicht erforderlich.

Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung „nach billigem Ermessen“ näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.

Gemäß § 106 GewO muss der Arbeitgeber sein Ermessen „billig“, d. h. gerecht, ausüben. Das bedeutet, dass er bei der Ausübung seines Weisungsrechts in angemessener Weise auf die Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen muss. Dazu können private Lebensumstände, besondere Vorlieben oder Abneigungen sowie Kenntnisse und Erfahrungen des Arbeitnehmers gehören oder eine Behinderung.

Seine Grenzen findet das Weisungsrecht dort, wo Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung bereits rechtlich verbindlich festgeschrieben sind. Solche Regelungen können sich aus dem Arbeitsvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung, aus Tarifverträgen oder aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben.

Beispiel: Im Arbeitsvertrag einer Teilzeitangestellten ist festgelegt, dass die wöchentlich zu leistenden 20 Arbeitsstunden von Montag bis Mittwoch abzuarbeiten sind. In diesem Fall kann der Arbeitgeber nicht per Weisung anordnen, dass die Angestellte am Donnerstag oder Freitag bei der Arbeit erscheinen soll, denn die Wochenarbeitstage liegen hier arbeitsvertraglich fest.

Der Arbeitgeber kann aufgrund seines Weisungsrechts die Art und Weise der Arbeitsleistung, den Gegenstand und die Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte festlegen. Auch die Begleitumstände der Arbeitsleistungen, wie z.B. die Bekleidung des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber vorgeben, wenn er dazu ein sachlich berechtigtes Interesse hat.

Beispiel: Der Arbeitgeber kann Angestellte mit Kundenkontakt, welche als Verkäufer Kraftfahrzeuge im „Premiumsegment“ verkaufen sollen, anweisen, dass diese nicht in Jeans und Turnschuhen sondern mit „Schlips und Kragen“ bei der Arbeit erscheinen.

Insoweit der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen über den Einsatzort enthält, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Allgemeinen nur in den Grenzen der Gemeinde beschäftigen, in der sich sein Betrieb zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses befindet.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einem in Dresden geschäftsansässigen Elektrounternehmen abgeschlossen hat, kann nicht im Wege einer Weisung nach Chemnitz oder Leipzig versetzt werden.

Es ist jedoch auch in Bezug auf den Arbeitsort möglich, dass im Arbeitsvertrag abweichende Bestimmungen enthalten sind, also z.B. die Regelung, dass der Arbeitnehmer auch dazu verpflichtet ist, auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Städten zu arbeiten. Bei solch einer Regelung im Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber dann sein Direktionsrecht ausüben.

Des Weiteren kann der Arbeitgeber auch durch Arbeitsanweisung die zeitliche Lage der Arbeit festlegen. Das betrifft vor allem die Verteilung der vertraglich festgelegten wöchentlichen Arbeitsstunden auf die einzelnen Arbeitstage.

Beispiel: Eine Angestellte hat eine 40-Stunden-Woche. Normalerweise arbeitet sie von Montag bis Freitag jeweils 8 Stunden. Aufgrund eines Großprojektes erteilt der Arbeitgeber die Anweisung, dass die Sekretärin vorübergehend am Samstag 4 Stunden arbeiten muss, wofür sie aber am Mittwoch 4 Stunden früher gehen kann. Eine solche Weisung ist durch § 106 GewO abgedeckt und damit rechtens.

Zwar geht auch hier der Arbeitsvertrag im Prinzip vor, doch muss er dann auch konkrete Regelungen enthalten, also z.B. festschreiben, dass der Arbeitnehmer nur von Montag bis Freitag arbeiten muss.

Den Umfang von Arbeitsstunden kann der Arbeitgeber allerdings nicht per Weisung festlegen, denn ob man 20, 30 oder 40 Stunden arbeiten muss, ist praktisch immer im Arbeitsvertrag und/oder in einem einschlägigen Tarifvertrag festgelegt.

Rene Illgen

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 03/2016

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz