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Buchung von Forderungskonten in der Mietenbuchhaltung

Nahezu täglich stellt sich in der Praxis der Wohnungsunternehmen folgende Problematik: Der Mieter hat verschiedene Forderungen nicht oder nicht vollständig beglichen und leistet sodann wieder eine Zahlung. In der Buchhaltung wird sodann der Zahlungseingang häufig schlicht auf die älteste offene Forderung verbucht. Dies ist jedoch rechtlich nicht unbedingt zutreffend und führt zu Folgefehlern im Inkasso, so dass u.U. in Kündigungen wegen Zahlungsverzuges Forderungen behauptet werden, die tatsächlich gar nicht mehr bestehen, weil bereits Mahnschreiben einen unzutreffenden Inhalt ausweisen. Äußerstenfalls werden sogar Räumungs- und Zahlungsklagen abgewiesen, weil behauptete Zahlungsansprüche nicht schlüssig dargelegt werden können.

Ausgangslage: Entscheidungsrecht des Mieters

Der Schuldner hat das alleinige Recht zu bestimmen, auf welche von mehreren Schulden er eine Zahlung leistet. Sind beispielsweise die Mieten für die Monate April und Mai 2013 sowie für Oktober Januar und Februar 2014 offen und leistet der Schuldner im Januar 2014 eine Zahlung mit dem ausdrücklichen Vermerk “Mai“, dann darf der Vermieter die Zahlung weder auf die aktuelle Forderung für Januar noch auf die älteste offene Forderung für April 2013 verrechnen. Vielmehr ist allein die Monatsmiete für Mai 2013 getilgt. Zu mahnen sind die Mieten für April 2013 sowie Januar und Februar 2014. Unverzichtbar ist daher die Einsicht in die Kontoauszüge und Barquittungen zur Feststellung und Befolgung der Tilgungsbestimmung.

  • Die Tilgungsbestimmung des Mieters geht daher in jedem Fall vor und ist zwingend zu beachten, § 366 BGB. Das Tilgungsbestimmungsrecht des Mieters ist unverzichtbar.

Zahlungen ohne Tilgungsbestimmung

Oftmals überweisen die Mieter aber schlicht einen Betrag an den Vermieter, ohne anzugeben, auf welche Schuld (etwa Miete oder Betriebskostennachforderung) die Zahlung erfolgen soll. Der Vermieter darf sich auch in diesem Fall nicht einfach die ihm angenehmste Schuld heraussuchen und die Zahlung darauf verbuchen!

Vielmehr ist zunächst der vermutliche Wille des Mieters zu erforschen, welche Schuld er tilgen wollte, denn die Verrechnungsbestimmung kann auch stillschweigend erfolgen.

  • Zahlt der Mieter etwa in einem Monat die volle Miete, ist im Zweifel anzunehmen, dass er gerade die Mietforderung für diesen Monat tilgen wollte, LG Berlin, NZM 2002, 65; OLG Rostock, MietRB 2010, 193.
  • Zahlt er mehr als die monatliche Miete, will er im Zweifel zunächst die laufende Miete tilgen und den Restbetrag auf die Rückstände verrechnen lassen, so LG Berlin, GE 2000, 1256.
  • Zahlt er ohne Angabe einer Zweckbestimmung genau den Betrag, der der Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung entspricht, darf der Vermieter den Zahlungseingang nicht auf eine andere offene Mietschuld verbuchen.
  • Zahlt er genau zum Fälligkeitszeitpunkt einer Forderung, will er im Zweifel diese erfüllen. Wenn er die laufende Miete aber nicht am 3. sondern am 11. Werktag zahlt, könne nicht gefolgert werden, dass damit die Miete für den laufenden Monat getilgt werden solle, OLG Düsseldorf, RMZ 2000, 605 (umstritten).
  • Zahlt die ARGE / das Jobcenter die Miete direkt, erfolgt dies in der Regel am Monatsende für den kommenden Monat, so dass entsprechend zu verrechnen ist.

Sofern der Schuldner laufende Zahlungen zu erbringen und Altschulden zu begleichen hat, für die eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen ist und bedient wird, sind eingehende Raten auf die in der Ratenzahlungsvereinbarung enthaltenen Altschulden zu verrechnen, nicht auf neuere Forderungen.

Entsprechend sind Zahlungseingänge aus Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zwingend auf den der Vollstreckungsmaßnahme zugrunde liegenden Titel zu verrechnen.

Gesetzliche Tilgungsreihenfolge

Trifft der Mieter bei der Mietzahlung keine – d.h. auch keine konkludente – Bestimmung, geben die §§ 366, 367 BGB eine Tilgungsreihenfolge vor.

  • § 366 BGB bestimmt, dass in erster Linie die Tilgungsbestimmung des Mieters maßgebend ist. Liegt eine solche nicht vor, sollen mehrere Schulden in der folgenden Reihenfolge getilgt werden:
  1. zunächst die fällige Schuld,
  2. unter mehreren fälligen Schulden diejenige, die dem Gläubiger die geringere Sicherheit bietet,
  3. unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere,
  4. unter mehreren gleich lästigen Schulden die ältere und
  5. bei gleich alten Schulden soll jede Schuld verhältnismäßig durch die Zahlung getilgt werden.

Am schwierigsten ist wohl die Unterscheidung für einen Vermieter, welche von mehreren Schulden dem Mieter „lästiger“ sein mag (Nr. 3 oben). Beispiele für die komplizierte Rechtsprechung finden Sie in unserem geschützten Servicebereich.

Wenn neben der Hauptforderung auch Zinsen und Kosten zu begleichen sind, gilt § 367 BGB: Erst werden die Kosten getilgt, dann die Zinsen und zuletzt die Hauptforderung.

Es ist für den Vermieter also außerordentlich schwierig, die richtige Tilgung vorzunehmen. Der Vermieter hat vor Gericht im Rahmen einer Räumungsklage auch konkret anzugeben, wie er Teilzahlungen verrechnet hat – anderenfalls droht Klageabweisung.

Gern beraten wir hierzu auch nochmals die zuständigen Mitarbeiter in den monatlichen Mandantenberatungen.

Noreen Walther
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 03/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz