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Schutz des Pfändungsgläubigers in der Insolvenz des Schuldners

Mit der ständig steigenden Anzahl von Insolvenzverfahren stellt sich auch immer häufiger die Frage, inwieweit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wirksam sind bzw. bleiben. Neben dem generellen Vollstreckungsverbot wegen Insolvenzforderungen gemäß § 89 InsO ist insbesondere die sog. Rückschlagsperre, nach der im Verbraucherinsolvenzverfahren durch Vollstreckungsmaßnahmen innerhalb von 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erlangte Sicherungen unwirksam werden, bedeutsam. Frühzeitig erworbene Pfändungspfandrechte an Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners bleiben hingegen wirksam.

Die Pfändung der laufenden Bezüge des Schuldners, wie beispielsweise Lohn- und Rentenansprüche, kommt im Insolvenzverfahren regelmäßig nicht in Betracht, da die pfändbaren Teile dieser Bezüge an den Treuhänder/Insolvenzverwalter abgetreten werden. Mit seinem Beschluss vom 24.03.2011 (Az.: IX ZB 217/08) entschied der Bundesgerichtshof nunmehr, dass ein Pfändungspfandrecht an laufenden Bezügen des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur insoweit und so lange unwirksam ist, wie es die Zwecke des Insolvenzverfahrens und der möglichen Restschuldbefreiung dies rechtfertigen. Im konkreten Fall hatte der Gläubiger bereits im Jahr 2003 Ansprüche des Schuldners auf Arbeitseinkommen sowie künftige Altersrente gepfändet. Im Jahr 2007 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Rentenversicherung als Drittschuldnerin beantragte die Aufhebung der Pfändung aus dem Jahr 2003: ohne Erfolg.

Der BGH entschied, dass es zum einen nicht Sache des Drittschuldners sei, die Restschuldbefreiung gegenüber der andauernden Zwangsvollstreckung des Gläubigers gem. § 767 ZPO einzuwenden. Zum Anderen führe die Regelung des § 114 InsO zur Unwirksamkeit von Abtretungen bzw. Pfändungen von laufenden Bezügen im Insolvenzverfahren nicht zu einer endgültigen Unwirksamkeit des Pfändungspfandrechts. Sinn und Zweck der Regelung sei es, dass während des Insolvenzverfahrens und der sich anschließenden Wohlverhaltensphase die pfändbaren Teile der laufenden Bezüge des Schuldners zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stehen. Kommt es aber nicht zu einer solchen Verteilung, weil das Insolvenzverfahren beispielsweise vorzeitig mangels Masse aufgehoben wird und eine Restschuldbefreiung nicht erteilt wird, bedarf es auch keiner zielgerichteten Unwirksamkeit des Pfändungspfandrechts. Dieses bleibt wirksam und sichert dem Gläubiger den Rangvorteil vor anderen Gläubigern, die nach Verfahrensaufhebung die Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren Tabellenauszug betreiben.

Die gläubigerfreundliche Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie berücksichtigt, dass das Pfändungspfandrecht an den laufenden Bezügen des Gläubigers wieder auflebt, wenn dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung versagt oder das Insolvenzverfahren ohne Erteilung der Restschuldbefreiung aufgehoben wird. Für die Praxis zeigt sich damit auch, dass es sich lohnt, frühzeitig zu pfänden. Um die Insolvenzfestigkeit des Pfändungspfandrechts zu erhalten, sollte die Pfändung daher möglichst vor Beginn der 3-Monats-Frist erfolgen. Dann wäre die Pfändung weder wegen der sog. Rückschlagsperre unwirksam, noch als sog. inkonkruente Deckung anfechtbar.

Jacqueline Köppen
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 06/2011

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz