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Mietschulden und die Neuregelung der Kosten der Unterkunft im SGB II

Die Neuregelung des § 22 SGB II (Bedarfe für Unterkunft und Heizung), der §§ 22 a, b und c SGB II (Satzungen zur Höhe der KdU) sowie mehrere obergerichtliche Entscheidungen eröffnen den Vermietern einige neue Möglichkeiten zum Umgang mit Mietschuldnern.

Der Charakter staatlicher Leistungen nach § 22 des SGB II hat sich seit Bestehen der Regelung immer mehr dahingehend verfestigt, dass hier das Subsidaritätsprinzip gilt. Das heißt der Staat springt nur dann ein, wenn der Einzelne für die Kosten der Unterkunft nicht selbst aufkommen kann. Diesem Prinzip folgt § 22 Abs. 3, wonach z. B. Betriebskostenerstattungen die Aufwendungen für die Unterkunft im dem der Gutschrift folgenden Monat mindern. Dies soll nach einem Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.11.2010 (Aktenzeichen: S 33 AS 5000/10) nicht gelten, wenn nicht tatsächlich Geld zurückgeflossen ist (in dem Fall hatte der Vermieter die Aufrechnung der Gutschrift mit eigenen Forderungen erklärt).

Zahlt das Jobcenter die KdU an den Vermieter direkt, so hat der BGH im Verfahren VIII ZR 64/09 festgestellt, dass es hier nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig wird. Die Behörde erbringt lediglich an den Bürger staatliche Transferleistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge, sie fungiert nicht als Hilfsperson für eine Aufgabe (Mietzahlungsverpflichtung) die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegt. Auch bisher sah das Gesetz die Möglichkeit vor, dass das Jobcenter „wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfsbedürftigen nicht sichergestellt ist“ die Überweisung der KdU an den Vermieter direkt übernehmen konnte. Dies bedurfte zwingend der Zustimmung des Mieters und wurde über Abtretungserklärungen geregelt. § 22 Abs. 7 sieht nunmehr vor, dass auf Antrag der leistungsberechtigten Person zwingend direkt an den Vermieter zu überweisen ist. Aber auch für den Fall, dass der Mieter einer direkten Überweisung der KdU nicht zustimmt, sieht Abs. 7 die Möglichkeit vor, dass bei Vorliegen im Gesetz genannter Kriterien vom Vermieter die direkte Überweisung verlangt werden kann. Der leistungsberechtigten Person ist dann lediglich mitzuteilen, dass die Zahlung direkt an den Vermieter erfolgt.

Bestehen bei einem ALG II-Empfänger noch Altschulden, aufgrund derer das Mietverhältnis gekündigt werden könnte, sollte man den Mieter zunächst noch einmal zur Zahlung auffordern und ihm für den Fall der Nichtzahlung die Kündigung androhen. Bei drohender Wohnungslosigkeit soll das Jobcenter die Schulden übernehmen (§ 22 Abs. 8 SGB II). Die Zahlungsaufforderung mit Kündigungsandrohung könnte also durchaus mit der Aufforderung verbunden werden, sich wegen Übernahme der Schulden an das Jobcenter zu wenden.

Das Jobcenter muss hinsichtlich der Schuldenübernahme auch von sich aus tätig werden, wenn es vom Amtsgericht gemäß § 22 Abs. 9 die Mitteilung bekommt, dass dort eine Klage auf Räumung von Wohnraum eingegangen ist. Das Gericht teilt den Tag des Eingangs der Klage (ggf. auch den Tag der Rechtshängigkeit) mit, die monatlich zu entrichtende Miete, die Höhe des Mietrückstandes und den Termin zur mündlichen Verhandlung. Das Jobcenter setzt sich dann mit dem Mieter in Verbindung und zwar unabhängig davon, ob dieser bereits Leistungen aus ALG II beantragt hat oder nicht. Übernimmt das Jobcenter nunmehr innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs die Schulden (dazu genügt schon eine entsprechende Übernahmeerklärung), so wird die Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Ziffer 2 BGB unwirksam.

Manfred Alter
Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 06/2011

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz